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Vor den Kopf gestoßen – Die Seite 3 im Dezember 2025

Am 11. November hat die Bayerische Staatsregierung aus CSU und Freien Wählern die Eckpunkte zum Doppelhaushalt 2026/2027 bekannt gegeben (die drei Kacheln stammen aus dem Facebook-Post von Ministerpräsident Markus Söder vom 11.11.2025). Wie seit zwei Jahrzehnten soll es ein Haushalt ohne Neuverschuldung sein.

Den Preis dafür, dass dieses Dogma weiter hochgehalten werden kann, soll der öffentliche Dienst und vor allem die Beamtenschaft in Bayern bezahlen: obwohl schon heute in grenzwertiger Weise an Sachmitteln und Reisekosten gespart wird, sollen die sachlichen Verwaltungsmittel neben einer globalen Minderausgabe um weitere 5 Prozent reduziert und in den kommenden drei Jahren im Staatshaushalt 1.000 Stellen eingespart werden. – Vor allem aber: die Staatsregierung will einen möglichen Tarifabschluss, den die Verhandlungen zum TV-L in den nächsten Monaten bringen werden, „jeweils“ erst 6 Monate später auf die Beamtenschaft übertragen.

Dieser Beschluss wurde verkündet, noch ehe überhaupt die Gewerkschaften ihre Forderungen erhoben hatten. Seither erlebe ich viele Kolleginnen und Kollegen wie vor den Kopf gestoßen – und zwar solche, die sich seit Jahren über alle Maßen engagieren: In der Pandemie, als die Finanz ganz erhebliche zusätzliche Aufgaben gestemmt hat. Bei der Grundsteuer-Jahrhundertreform. Bei der Nachwuchsgewinnung und in der Ausbildung. Nicht zuletzt aber sind es diejenigen, die sich tagtäglich durch ihr Überzeugen und Vorleben dagegen stemmen, dass diese Gesellschaft immer weiter in die Extreme abdriftet.

Viele sind geradezu schockiert, wie man ihnen diesen Einsatz und ihr Engagement nun zum zweiten Mal nach dem miserablen Tarifergebnis 2021dankt, als der Verhandlungsführer der Arbeitgeber die Gewerkschaften ob ihrer pandemiebedingten Handlungsunfähigkeit öffentlich geradezu verhöhnte.

Auch ich bin entsetzt, hatte ich doch in den drei letzten Ausgaben der bfg-Zeitung an dieser Stelle wohlweislich auf wichtige Aspekte aufmerksam gemacht: Im August/September darauf, dass das Berufsbeamtentum gleichsam ein Bollwerk gegen Autokratie sei. – Dieses Bollwerk wird mit dieser autoritären Aktion erheblich geschwächt!

Im Oktober dann die Darstellung, dass die Personalkosten in den vergangenen 15 Jahren trotz zehntausender neuer Stellen unterdurchschnittlich gestiegen sind und die Personalkostenquote heute niedriger ist als damals – und auch nur deshalb relativ hoch, weil der Haushalt nicht durch Schuldenaufnahme aufgebläht ist wie in anderen Ländern. – Übrigens hat sich seit dem letzten Versorgungsbericht auch die Versorgungs-Haushalts-Quote besser entwickelt als damals angenommen.

Im November dann der Hinweis auf die Notwendigkeit, die Erbschaftsteuer so zu reformieren, dass auch die Vermögenden ihren Beitrag leisten. – Davon will die Bayerische Staatsregierung jedoch nicht nur nichts wissen, sie agiert seit Jahren aktiv gegen eine Verschärfung der Regeln … Die Milliarden aus der Erbschaft Thiele (lt. Medienberichten!) haben wir dennoch vereinnahmt. Sie werden beim Abschluss 2025 die Rücklagen erhöhen.

„Interessant“ ist diese Ankündigung aber auch deshalb, weil sich die an der Bayerischen Staatsregierung beteiligten Parteien gerne als Hort des Berufsbeamtentums geben. Nach den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zur Beamtenalimentation im Mai 2020 musste der Freistaat Bayern dennoch nachsteuern. Man hat dabei versucht, die verfassungskonforme Alimentation mit einem neuen System unter Berücksichtigung der Mietstufen und erheblicher Kinderzuschläge sowie der Fiktion eines Ehegatteneinkommens zu erreichen und dennoch die Mehrkosten in Grenzen zu halten. Von 300 Mio. pro Jahr war damals die Rede. Überlegt man, was ein zweimal halbjähriges Verschieben eines Tarifergebnisses bei 20,7 Mrd. Besoldungs- und Versorgungskosten bringen könnte, landet man bei 500 bis 600 Millionen … Das erscheint umso fragwürdiger, als Karlsruhe vor wenigen Wochen ja nachgelegt hat. Die Leitsätze hierzu empfehle ich zur Lektüre. Sie stellen auch die Bedeutung des Berufsbeamtentums für unsere freiheitliche Demokratie heraus!

Natürlich habe ich Abgeordnete der Regierungskoalition auf diesen Beschluss angesprochen. Von denen, die die Regierungslinie halten, bekam ich zu hören, auch die Beamtenschaft müsse in dieser schwierigen Haushaltssituation ihren Beitrag leisten. – Ich frage mich nur, wer eigentlich noch einen Beitrag leistet!

Nein, ich befürchte, wir haben es hier schlicht mit Populismus zu tun. Man will dem Volk gefallen und geht davon aus, dass sich die Beamten schon wieder beruhigen. – Ich gehe davon aus, dass sie das nicht tun, aber in ihrem gesellschaftlichen Einsatz für dieses Land nachlassen. Und ich gehe davon aus, dass man mit Populismus die Bürger denen in die Arme treibt, die ihn schon länger zum Geschäftsmodell erhoben haben.