Einfach nur BLÖD – Die Seite 3 im Februar 2023

Die Älteren unter uns erinnern sich noch daran, wie der Hamburger Tatort-Kommissar Paul Stoever in den 80er und 90er Jahren aus der BLÖD-Zeitung zitiert hat. Offenbar war aber er nicht der Einzige, der diesen Begriff geprägt hat, denn gibt man ihn in Google ein, erscheinen zunächst Links die BILD-Zeitung betreffend.

Mit der BILD beschäftigt habe ich mich jetzt, weil ich selbst sehen wollte, was es mit Bild TV auf sich hat, dem noch recht jungen Fernsehsender des Springer-Verlags. Denn hier war der CSU-Bundestagsabgeordnete Dr. Peter Ramsauer am 18. Januar in einer Talkrunde zum Thema „Stoppt die Steuer-Schikane“ zur Hochform aufgelaufen und ereiferte sich minutenlang über den „Zwang“ Grundsteuererklärungen abzugeben. Was für eine „Zumutung“ das doch sei und welcher „Skandal“! Ramsauer, seit 1990 im Deutschen Bundestag, vier Jahre Verkehrsminister und lange Jahre CSU-Vize, nahm sich dann vor allem die bayerische Papiererklärung vor. Ganz nebenbei entstand so noch der Eindruck, die Verwaltung arbeite mit Papier, weil sie bekanntermaßen ja nicht in der Lage ist, die Prozesse zu digitalisieren … Als Aufmacher verwendete der Sender übrigens das Ramsauer-Zitat „Finanzämter sind unfähig und unwillig“!

Nicht zum ersten Mal hat Ramsauer in dieser Sendung eine „Empfehlung“ ausgesprochen: „Ich empfehle die Papierform. Dann hamm die Finanzbeamten viel zu tun und dann kann man denen auch Fußnoten reinschreiben.“

Man kann das jetzt einfach als Populismus abhaken und zur Tagesordnung übergehen. Man kann den Kopf schütteln über Bild TV und sich das bei Ramsauer nach drei Jahrzehnten auch sparen. Aber der Mann ist ein ehemaliger Minister, sitzt im Bundestag und ist ein führender Kopf der CSU! Und der fordert faktisch zum Lahmlegen der bayerischen Steuerverwaltung auf! Sollte so ein Verhalten nicht ein Fall für den CSU-Vorsitzenden und Ministerpräsidenten sein? Denn es war Markus Söder, der dafür gekämpft hat, dass Bayern die Möglichkeit bekommt, ein eigenes Gesetz zu kreieren. Und es war die von der CSU geführte Staatsregierung und die CSU-FW-Mehrheit im Landtag, die das Bayerische Grundsteuergesetz so gestaltet und beschlossen haben.

Andererseits hat der Mann die Schwachstelle der bayerischen Grundsteuerreform erkannt: die unbegrenzte Möglichkeit die Erklärung auf Papier abzugeben! Bayern ist das einzige Bundesland, das das ohne Beschränkung ermöglicht – und gleichzeitig das einzige Bundesland, das anschließend eine völlig digitale Bearbeitung durchführt. Auf diesen Widerspruch und den daraus resultierenden immensen Scan-Aufwand haben wir früh hingewiesen. Heute wissen wir, dass der Scan-Prozess trotz aller Rekorde, die die Kolleginnen und Kollegen in Wunsiedel aufstellen, auch ein Nadelöhr der bayerischen Variante der Reform darstellt. Denn über hunderttausende auf Halde liegende Papiererklärungen weiß man bis zum Scan eben nichts. Die unsägliche Anordnung, diese Erklärungen händisch zu erfassen, hat viel unnötige Arbeit gemacht und für noch mehr Wut und Ärger gesorgt. Zum Glück ist das Thema durch die von der Staatsregierung beschlossene Fristverlängerung jetzt vom Tisch; und bis ein erster Mahnlauf ansteht, ist der Scanprozess auf dem Laufenden!

Aber zurück zur Papiererklärung und einer brutalen Erkenntnis: neun von zehn Papiererklärungen sind so dürftig ausgefüllt, dass sie erheblicher weiterer Ermittlungen bedürfen! Wo bei der Elster-Erklärung Eingabeerfordernisse bestehen und Plausibilitäten Eingaben erzwingen, bietet die Papiervariante die Möglichkeit, Blödsinn hinzuschreiben oder sich auch ganz zu verweigern. Nach unserer Einschätzung muss für eine Papiererklärung im Durchschnitt von einer zusätzlichen Bearbeitungszeit von einer Stunde im Vergleich mit dem Aufwand für eine Elster-Erklärung ausgegangen werden! Damit wird vermutlich an Einspareffekt „verfrühstückt“, was Bayern eigentlich durch das vergleichsweise einfache Gesetz gewonnen hat/hätte/gewinnen hätte können! Und das für eine „Bürgerfreundlichkeit“, für die wir medial und durch die Ramsauers im Land geprügelt werden!

Damit scheint klar, dass die Erstfeststellung unmöglich bis zum Jahresende erledigt sein wird, zumal man davon ausgehen muss, dass die letzten 10 bis 15 Prozent die aufwändigsten Erklärungen sein werden. Das sollte man den Kommunen sagen – aber auch den Beschäftigten! Denn niemand am Finanzamt wird dafür verantwortlich gemacht werden können, wenn wir am Jahresende erst 80 Prozent abgearbeitet haben. Es war die Politik, die den Rahmen gesetzt hat: extrem späte Verabschiedung des Gesetzes, extrem wenig Zeit für die Steuerverwaltung – extrem viel Zeit für die Kommunen, Möglichkeit der Papiererklärung, viel zu wenig Personal.

Hier liegt im Falle des Falles die Verantwortung!

Auch deshalb erwarte ich mir von den maßgeblichen Politikern in Bayern und anderswo, dass sie sich vor ihre Beschäftigten stellen und dass sie den Menschen im Land jetzt klar und deutlich sagen: es ist keine Zumutung nach 60 Jahren einmal wieder eine Erklärung abzugeben, zumal in Bayern bei nur wenigen erforderlichen Angaben!