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Weil es den Menschen braucht - Die Seite 3 im Dezember 2024

Als Bahnfahrer habe ich in den letzten Wochen immer wieder die verrücktesten Situationen erlebt. Ob bei den ganz normalen Problemen wie Verspätungen, Heizungs-, Toiletten- oder Spülmaschinenausfällen, Stellwerkproblemen, liegengebliebenen Zügen oder so etwas Spektakulärem wie einem über 25 Minuten vermissten Lokführer: wie schlimm es um die Bahn steht, wurde für mich am deutlichsten an den Reaktionen ihrer eigenen Beschäftigten! Was ich hier mitbekomme, werte ich als Distanzierung vom eigenen Unternehmen im großen Stil. Das hat zum Teil etwas Kabarettistisches und ist nach so vielen Jahren des Niedergangs auch nicht verwunderlich. Nur glaube ich nicht, dass Galgenhumor und gelebter Frust zur Leistungsverbesserung führen.

Ganz im Gegenteil. Ich bin davon überzeugt, dass ein hohes Maß an Identifikation mit der eigenen Arbeit und dem Unternehmen, für das man tätig ist, eine unbedingte Voraussetzung für dessen Erfolg ist – und für die eigene Motivation. So ist es auch bei uns in der Finanzverwaltung! Angesichts einer nachweislich seit Jahren immer weiter gestiegenen Aufgabenfülle und ständig neuer, geänderter und verkomplizierter Gesetze wird unsere Verwaltung vor allem von der Motivation und der Einsatzbereitschaft der Beschäftigten getragen!

Dass das bei uns trotz der schwierigen Rahmenbedingungen immer noch gelingt, liegt am Prinzip der Selbststeuerung, an klaren Strukturen und flachen Hierarchien in unserer Verwaltung. Dass ich die Zusammenhänge in meiner Behörde überblicke und nicht nur einen Job erledige, bei dem ich weder örtlich noch persönlich eine Beziehung zum Gegenstand meines Tuns habe, ist die Grundlage dieses Gelingens. Fühle ich mich integriert in meine Behörde, sozial eingebunden, habe ich die Chance ein Miteinander zu leben, oder gehe ich im Unpersönlichen unter? Die „intrinsische Motivation“ war nicht ohne Grund eines der Themen bei der Amtsleitertagung der Steuerverwaltung im vergangenen Mai! – Die Motivation also, die von Innen kommt, das Mehr an Einsatz, das aus eigenem Antrieb erfolgt, weil man sich aufgehoben fühlt – und für das Ganze mitverantwortlich!

Darin liegt auch das Geheimnis unserer kleineren Einheiten, die womöglich strukturelle Nachteile haben, diese aber durch ein ausgeprägtes Miteinander wettmachen. Davon zeugen unzählige Statistiken, die die Arbeit unserer Kolleginnen und Kollegen und ihrer Dienststellen beleuchten! Zurück zur Bahn. Sie ist losgelöst von ihren hausgemachten Problemen auch ein gutes Beispiel dafür, dass ein Immer- Mehr (Fahrgäste, Züge) irgendwann nicht mehr geht! Und da helfen dann auch keine Organisationsänderungen mehr, die man der Bevölkerung in wechselnden Ausprägungen als die Lösung der Probleme verkaufen will.

Mit Sorge habe ich deshalb den Beschluss der Staatsregierung vernommen, die bereits angekündigten Stelleneinsparungen in der Staatsverwaltung nicht bis 2035, sondern bereits bis 2030 vollziehen zu wollen. Für die Finanzverwaltung kann ich sagen: nichts deutet bisher darauf hin, dass – von der bisherigen Arbeitsbelastung ganz zu schweigen – in den nächsten Jahren die Aufgaben entsprechend reduziert werden und damit deren Vollzug entsprechend erleichtert!

Geradezu als Schlag ins Gesicht der Beschäftigten werte ich den Kabinettsbeschluss, im Nachtragshaushalt zwar 5 Millionen für Stellenhebungen in verschiedenen Lehrerbereichen zur Verfügung zu stellen, nicht aber für die Finanz und andere Ressorts! Dies ist nicht gerechtfertigt! Unsere Leute haben dafür kein Verständnis mehr! So tötet man Motivation und schafft Frust! Ich appelliere an die Abgeordneten hier nachzusteuern!

Der 6. November 2024 hat uns den beachtlichen Wahlsieg Donald Trumps in den USA beschert und das Ende der Ampel-Koalition in Berlin. Für die Bundestagswahl im Februar hat das Wahlergebnis in den USA zwei wichtige Regeln bestätigt: man kann „Rechts“ nicht dadurch erfolgreich bekämpfen, dass man möglichst hehre linke Positionen entgegensetzt. Und, nach Bill Clinton: „It‘s the economy, stupid!“

Auch für uns als Beschäftigte des öffentlichen Dienstes geht es darum, dass die Wirtschaft wieder in Gang kommt und die Haushalte ins Gleichgewicht. Denn ansonsten werden die kommenden Jahre schwierig. Dazu braucht Deutschland endlich eine Steuerpolitik, die den Namen verdient – und für gute Staatsfinanzen und faire Wettbewerbsbedingungen in der Wirtschaft eine starke Steuerverwaltung!

Weitere Gedanken zur Lage im Land finden Sie in den Buchtipps auf Seite 23.

Bitte nehmen Sie an der Bundestagswahl teil! Sorgen Sie mit Ihrer Stimme dafür, dass die Extreme nicht weiter wachsen und unser Land die Chance auf eine gute Zukunft bekommt!