2024: Geburtstage und Wahltage - Die Seite 3 im Mai 2024

Im Jahr 2024 wimmelt es nur so von 75. Geburtstagen. Gibt man bei Wikipedia das Jahr 1949 ein, sind 1.115 Gründungen verzeichnet. Mehr gab es zwischen 1945 und der deutschen Wiedervereinigung nur noch im Jahr 1946. Zu den aufgeführten Gründungen gehört auch die Bayerische Finanzgewerkschaft, weshalb wir beim 23. bfg-Gewerkschaftstag am 17. und 18. Juni in Würzburg auch „75 Jahre bfg“ feiern und sogar Ministerpräsident Dr. Markus Söder sein Kommen zugesagt hat. Wie bei jedem Gewerkschaftstag stehen auch in Würzburg die Wahlen der Landesleitung und der Bezirksleitungen sowie der Vorstandsgremien an. Ich selbst stelle mich wieder zur Wahl als Vorsitzender.

Überstrahlt wird das Jahr 2024 allerdings vom 75. Geburtstag der Bundesrepublik Deutschland. Nach der Währungsreform im Juni 1948 hatte die Staatsgründung in den Westzonen Fahrt aufgenommen. Im August 1948 tagte auf der Herreninsel im Chiemsee der sogenannte Verfassungskonvent, ab September dann der Parlamentarische Rat in Bonn. Am 8. Mai 1949 verabschiedete dieser dann das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, das schließlich am 23. Mai 1949 verkündet wurde. Dieses Datum gilt seither als der Geburtstag unseres Staates!

„Was ist uns unser Staat wert?“ – So lautet das Motto unseres diesjährigen Gewerkschaftstages. Wir werden uns dieser Frage in Würzburg natürlich insbesondere aus dem Blickwinkel der Finanzverwaltung und ihrer Beschäftigten nähern. Weitergehende Aspekte dieser Frage wird der ehemalige Verfassungsrichter Prof. Dr. Dr. Udo Di Fabio in seinem Festvortrag beleuchten.

Aber ganz allgemein? Für mich ist diese Bundesrepublik Deutschland das beste Staatswesen, das es jemals zwischen Nord- und Ostsee und den Alpen gegeben hat.
In kaum einem anderen Land der Welt sind die Menschenrechte so fest verankert und tatsächlich gelebt! Schutz der Menschenwürde, Gleichheit vor dem Gesetz, Glaubens- und Gewissensfreiheit, Meinungs- und Informationsfreiheit, Freiheit von Kunst und Wissenschaft, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Freizügigkeit und die Unverletzlichkeit der Wohnung, Asylrecht. Das mag sich so banal, weil selbstverständlich, anhören – aber fällt Ihnen nicht auch zu jedem dieser Rechte ein Land, eine Weltgegend oder eine Ideologie ein, wo einzelne oder alle bestritten und bekämpft werden? Für uns als Beschäftigte im öffentlichen Dienst sind diese Grundrechte aber von elementarer Bedeutung, wollen wir nicht zu Handlangern des Unrechts werden, so wie wir es vor 9 Jahrzehnten waren und in anderen Ländern noch oder wieder (!) wären. Aber auch für unsere Gewerkschaftsarbeit bilden die Grundrechte die Voraussetzung.

In wenigen Ländern der Welt herrscht zugleich ein solcher Wohlstand für einen sehr großen Teil der Bevölkerung und weitgehende soziale Absicherung für diejenigen, denen es nicht so gut geht. Dazu die Sicherheit vor Gewalt im Alltag! Ich kann mir auf der Welt kein Dutzend Staaten vorstellen, wo es sich so gut und sicher leben lässt wie bei uns.

Als Schwabe mit schlesischem Namen vermisse ich Niederschlesien als die Heimat meiner Vorväter – und denke auch etwas wehmütig an die Zerstückelung des alemannischen Siedlungsraums als der Heimat meiner Familie mütterlicherseits. Aber ist es nicht wunderbar, dass wir uns solche Gebiete nicht mehr „zurückholen“ müssen, wie die „Logik“ auch unserer Weltgegend es über Jahrhunderte nahegelegt hatte? – Dass wir stattdessen in einem Europa der Regionen friedlich leben, frei reisen und uns niederlassen können?

Schon kurz nach dem Zweiten Weltkrieg haben Politiker über Ländergrenzen hinweg die Notwendigkeit dieser europäischen Zusammenarbeit erkannt, ja sogar schon das Ziel einer Wirtschafts- und Währungsunion formuliert. Nach den zwei Menschheitskatastrophen der Weltkriege haben einige die Überzeugung formuliert, dass, wer eine gemeinsame Währung hat, nicht aufeinander schießt. So wurden Europa und die EU zu einem großen Friedensprojekt. Und zu einem Wohlstandsprojekt – durch die Schaffung eines großen Binnenmarktes mit einheitlichen Regeln, der ein bedeutender Akteur in der Welt ist und für Bürger wie Unternehmen große Kräfte entfalten kann.

Einer dieser prägenden Politiker der Nachkriegszeit hat einmal aus bayerischer Perspektive gesagt, Bayern sei unsere Heimat, Deutschland unser Vaterland, Europa unsere Zukunft. Jahrzehnte später dürfen wir feststellen: Europa ist unsere Gegenwart! Und zwar – bei aller berechtigten Kritik im Detail – eine sehr, sehr gute Gegenwart, die wir uns nicht von den Populisten, Extremisten und Nationalisten auf der Rechten wie auf der Linken kaputtmachen lassen dürfen! Wir haben viel zu verlieren!

Ich bitte Sie: Gehen Sie am 9. Juni zur Europawahl! Sorgen Sie mit Ihrer Stimme dafür, dass die Europäische Union handlungsfähig bleibt! Das muss uns unser Staat wert sein!