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Finanzbedarf des Staates – Die Seite 3 im November 2025

Als ich beim Festakt zum 80-jährigen Bestehen der CSU dem früheren Bundesfinanzminister Theo Waigel begegnet bin, musste ich daran denken, dass er für eine Verdoppelung des Vermögensteuersatzes auf 1,0 % des Gesamtvermögens verantwortlich war.

Nachdem das Bundesverfassungsgericht die Vermögensteuer in der damals gültigen Fassung kurz darauf insbesondere wegen der Bevorzugung der Immobilien für verfassungswidrig erklärt hatte und sich die Politik nie mehr auf eine Novellierung einigen konnte, wird die Vermögensteuer seit 1997 nicht mehr erhoben, obwohl sie in Art. 106 Abs. 2 GG verankert ist.

Die Bayerische Finanzgewerkschaft hat wiederholt erklärt, dass die Wiedereinführung der Vermögensteuer im Sinne eines Ausgleichs der großen Vermögensungleichheit in Deutschland zwar wünschenswert, der damit einhergehende Verwaltungsaufwand aber so erheblich wäre, dass er von der Steuerverwaltung nicht geleistet werden kann.

Die Frage einer stärkeren Besteuerung von Vermögen stellt sich aber dennoch, und angesichts des Finanzbedarfs öffentlicher Haushalte so dringlich wie lange nicht mehr! Nun gibt es die Steuern in Deutschland betreffend zwei Wahrheiten, die eigentlich niemand bestreiten kann: Im internationalen Vergleich ist die Besteuerung der Arbeitseinkommen bei uns extrem hoch – und die Besteuerung von Vermögen sehr niedrig. Zu dieser Feststellung bin nicht ich gekommen, sie ist vielmehr das Ergebnis zahlreicher Untersuchungen, etwa der OECD.

Eigentlich sollten sich auf diese Erkenntnis auch die an der Bundesregierung beteiligten Parteien verständigen können. Denn dann könnte man sich daran machen, durch eine Entlastung der Arbeitenden – gleich, ob selbständig oder nichtselbständig – die Konjunktur wieder in Gang zu bringen und zum Ausgleich über die Erbschaft- und Schenkungsteuer auch die großen Vermögensübergänge zur Finanzierung unseres Staatswesens heranzuziehen.

Dass es sich bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer um keine „Neidsteuer“ handelt, zeigt schon ihre Verankerung in der Bayerischen Verfassung. Artikel 123 fordert, dass „Alle“ „im Verhältnis ihres Einkommens und Vermögens … zu den öffentlichen Lasten heranzuziehen“ sind. Davon kann bei den Vermögen weder in Bayern noch in Deutschland die Rede sein. Der Absatz 3 wird dann noch deutlicher: „Die Erbschaftssteuer (sic!) dient auch dem Zwecke, die Ansammlung von Riesenvermögen in den Händen einzelner zu verhindern.“ Auch davon kann keine Rede sein angesichts vieler tausend steuerfrei übertragener Vermögen im je großen zweistelligen Millionenbereich in den vergangenen 15 Jahren! – Ich weiß, dass die Bayerische Verfassung in dieser Frage vom Grundgesetz überlagert wird, aber doch …

Ich könnte hier jetzt gegen eine Vielzahl fadenscheiniger Argumente anschreiben, die suggerieren, wie schädlich eine konsequentere Besteuerung von Erben und Beschenkten doch wäre. Dazu fehlt mir hier der Platz. Aber eines doch: weder ist die Erbschaftsteuer eine Doppelbesteuerung noch wird hier Lebensleistung zerstört! Denn gerade bei den großen Vermögen dürften die leistungslosen Wertzuwächse eine entscheidende Rolle spielen, beispielsweise durch die Börse oder am Immobilienmarkt. Dabei sind solche Wertzuwächse nicht zuletzt auch das Ergebnis politischer Rahmensetzungen! Und zudem: während Arbeitsleistung voll ertragsbesteuert wird, ist dies weder bei Kapitalerträgen noch bei Wertsteigerungen von Kapitalvermögen oder Immobilien in entsprechendem Umfang der Fall!

Nachdem in der Schweiz demnächst eine Volksabstimmung über eine nationale „Erbschaftssteuer“ von erheblichem Ausmaß erfolgt, hat sich zuletzt auch die Neue Zürcher Zeitung – meines Erachtens die handwerklich beste deutschsprachige Tageszeitung – mit dieser Steuerart beschäftigt. So zum Beispiel der Wirtschaftsjournalist Hansueli Schöchli in der internationalen Ausgabe vom 21. Oktober. Er bezieht sich in seinen Ausführungen auf Studien namhafter Einrichtungen und Hochschulen und kommt dabei zum Ergebnis, dass eine Erbschaftsteuer mit moderaten Sätzen aus ökonomischer Sicht durchaus Vorzüge hat. Er verweist beispielsweise auf die Tendenz, Ungleichheit zu reduzieren oder den Leistungsanreiz bei Erben weniger zu lähmen.

Dies entspricht der langjährigen Forderung der bfg nach einer stärkeren Besteuerung großer Vermögensübergänge bei hohen allgemeinen Freibeträgen und niedrigen Steuersätzen.

Zur Steigerung der Staatseinnahmen und der Steuergerechtigkeit gehört freilich auch ein gesetzeskonformer Vollzug!

Als ich kürzlich das vielbeachtete Theaterstück „Der Fiskus“ gesehen habe, hieß es dort in einem Monolog: „Wenn mir irgendetwas nicht stimmig Dann verfolge ich das Ich gehe der Sache nach Ich gehe der Sache gründlich nach Ich gehe der Sache wirklich gründlich nach Der Antragsteller kann sich schon mal auf was gefasst machen.“

Theater bleibt eben Fiktion …