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Viren

Seite 3 März 2019

Seit sich das Corona-Virus vor gut zwei Wochen in Windeseile in Italien verbreitet hat, scheint nichts mehr wie vorher. Die Börsen sind eingebrochen, Fluglinien haben die Zahl ihrer Flüge halbiert, die Reisebranche kann sich vor Stornierungen nicht retten, die Wirtschaft lahmt angesichts gekappter Lieferketten. Wenn dann auch in der medialen Berichterstattung dieses Thema tagein tagaus dominiert, wenn Veranstaltungen abgesagt werden und sogar der Nockherberg dran glauben muss, dann sind panische Reaktionen nicht mehr weit, wie Hamsterkäufe inzwischen zeigen. Ganz zweifellos aber stellt die COVID-19-Epidemie unser Gesundheitssystem auf eine Probe. Bei vorhandener Behandlungskapazität scheint die Erkrankung wohl ganz gut in den Griff zu bekommen. – Was aber, wenn die medizinischen Kapazitäten nicht mehr ausreichen? Deshalb muss es also zu allererst darum gehen, die Verbreitung einzudämmen und die unnötige Gefährdung Einzelner zu vermeiden.

Ich bin deshalb froh, dass das Finanzministerium heute, am 9. März, für Beschäftigte, die ohne Symptome aus Risikogebieten zurückgekehrt sind, die vorsorgliche Anordnung von Telearbeit ermöglicht hat. Es stellt sich darüber hinaus aber auch die Frage, ob in dieser Situation nicht die Servicezentren geschlossen bleiben und die Außendienste für einige Zeit auf ihre „Hausbesuche“ verzichten sollten.
Wo nun auch Absagen von Fußballspielen und deren Durchführung ohne Zuschauer drohen, standen eine Woche zuvor Bundesligaspiele aus einem ganz anderen Grund vor dem Abbruch. Sogenannte Ultras unter den Fangruppen hatten zum wiederholten Mal Spruchbänder mit Beleidigungen und Drohungen gegen den Mäzen der TSG 1899 Hoffenheim (und SAP-Mitbegründer) Dietmar Hopp präsentiert, der ihnen als Sinnbild für die Kommerzialisierung IHRES Sports gilt. – Für mich wollen hier kleine Gruppen Gleichgesinnter ohne Wenn und Aber bestimmen, wie etwas zu laufen hat, erklären der Gesellschaft, wie die Welt zu funktionieren hat. Und wehe, die Gesellschaft teilt diese Sicht der Dinge nicht! Das „Wir sind das Volk“ der Pegidas und anderer sehe ich aus der gleichen Quelle gespeist. Menschen, die ihre persönliche Sicht über alles andere stellen, finden sich in Gruppen zusammen, in denen aus einem „Ich, ich, ich“ ein geradezu neurotisches „Wir sind das Volk“ wird.
Wer diesen Vorstellungen nicht entspricht, nicht gerecht wird oder den Forderungen der Gruppe nicht nachkommt, der bekommt deren ganzen Hass und Ablehnung ab. Letztlich sind die Ultras aus den Fußballstadien damit ja nichts anderes als die analogen Wegbereiter für diese Haltung in den sogenannten „sozialen Medien“. Denn hier blüht inzwischen ja die digitale Form dieser asozialen Gruppenbildung. Man zieht sich mit Gleichgesinnten in seine Blase im Internet zurück und bestätigt sich immerfort gegenseitig, wie Recht man doch hat und wie blöd und unfähig alle anderen sind. Zu den Aggressionen gegen Wahlbeamte, Feuerwehrleute, Sanitäter und andere Vertreter des öffentlichen Dienstes ist es dann nicht mehr weit.
Ich erachte diese Entwicklung auch deshalb als so gefährlich, weil sie das Gegenteil von Pluralismus befördert. Pluralismus aber ist ein, ja vielleicht das Kernelement unseres demokratischen Systems! – Ein Pluralismus, der die Vielfalt gesellschaftlicher Kräfte nicht nur zulässt, sondern achtet, der eine Vielfalt von Meinungen, Interessen, Vorstellungen und Werten respektiert und auch deren Konkurrenz. Ein Pluralismus, der nicht nur Sieger und Verlierer im Ringen dieser Interessen kennt, sondern ganz maßgeblich auch den Ausgleich und die Suche nach Kompromissen!
Deshalb ist ja auch Demokratie viel mehr als alle paar Jahre mit seinem Kreuz auf dem Stimmzettel einen Wahlsieger zu ermitteln! Und deshalb verträgt sich Pluralismus auch nicht mit der totalen Ablehnung anderer Vorstellungen, Werte, Religionen, Hautfarben, Rassen; das will ich gerade angesichts des Anschlags in Hanau herausstellen!
Auch die AFD akzeptiert diese Vielfalt nicht, befindet sich auf demselben Trip wie die angesprochenen Gruppen! Wer aber das pluralistische System nur benutzt, ohne es zu respektieren, wer es nur benutzt, solange es ihm nützt, der kann auch aus einem Gewählt-Sein keine Ansprüche auf Beachtung durch Andere ableiten! Der Landesvorstand der Bayerischen Finanzgewerkschaft hat vor diesem Hintergrund schon vor einigen Jahren den einstimmigen Beschluss gefasst, jeglichen Kontakt mit der AFD abzulehnen, weil wir deren Politik, deren Hass und Menschenverachtung nicht im Einklang mit dem Menschenbild der Freiheitlich Demokratischen Grundordnung sehen, auf die uns unsere Satzung verpflichtet.
Wie irrwitzig sich die AFD im Landtag geriert, lesen Sie auf den Seiten 6 bis 8 in dieser bfg-Mitgliederzeitung.