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Ein Jahr im Ausnahmezustand

Seite 3 Dezember 2020

Die Seite drei für die Dezemberausgabe ist regelmäßig mein journalistischer Schlusspunkt unter das sich seinem Ende zuneigenden Jahr. Was hat sich gut entwickelt, was war schlecht, was wird das neue Jahr bringen? So einfach, weil so strukturiert, ist das normalerweise! Aber normal war und ist an unserem Jahr 2020 leider wenig. Es war und ist das Corona-Jahr. Ein Jahr im Ausnahmezustand.

Gerade hat die Staatsregierung für Bayern zum zweiten Mal binnen neun Monaten den Katastrophenfall ausgerufen. In diesem Zusammenhang hat sie auch beschlossen den größten Teil der Staatsverwaltung für drei Wochen über Weihnachten und Dreikönig maximal herunterzufahren. Erstmals werden Beschäftigte sogar in „Zwangsurlaub“ geschickt werden, was einen zwar zulässigen, aber doch gewaltigen Eingriff in das Dienst- bzw. Arbeitsverhältnis darstellt.
So sehr ich den jetzigen Mut des Ministerpräsidenten begrüße, angesichts der horrenden Infektions- und Todeszahlen notwendige Verschärfungen herbeizuführen, so sehr kritisiere ich die arg verharmlosende Sprache der Regierenden in Bund und Ländern in den Wochen zuvor!
Ausnahmezustand. Es ist ja nicht nur so, dass seit einem Dreivierteljahr das Privatleben – jedenfalls für die, die die Pandemie ernst genommen haben – massiv eingeschränkt ist, auch unser Berufsalltag hat sich erheblich verkompliziert! Es hört sich so einfach an, wenn ein Gutteil der Beschäftigten im Homeoffice arbeiten kann. Mehrfach haben das Medien geradezu zu einem Privileg stilisiert.
Aber wahr ist eben auch, dass das vielfach ein sehr kompliziertes und aufwendiges Arbeiten ist. Und ob nun von der Dienststelle aus oder von daheim: Kontakt und Zusammenarbeit mit Außenstehenden sind schwierig. Kontakte zu Steuerpflichtigen, Außenprüfungen, Durchsuchungen – all das und vieles mehr funktioniert ja allenfalls notdürftig und ist mit sehr viel zusätzlichem Aufwand verbunden. Das gilt auch für unsere Schlösser und Spielbanken! Und gleich, ob im Ministerium oder anderswo: kaum ein Tag ohne neue Herausforderungen und zusätzlichen Aufgaben!
Dazu die Ausbildung, die für unsere Verwaltung im demografischen Umbruch ja eine Existenzfrage darstellt. Suboptimal und sehr belastend. Dann all die Unterstützungsleistungen für Gesundheitsämter, Regierungen und IHK … Ärger, Ärger, Ärger. Ich bewundere unsere meist sehr jungen Kolleginnen und Kollegen, die ohne großes Murren diese Last tragen, aber auch die Vielen, die deren Arbeit irgendwie miterledigen!
Man kann mit Fug und Recht behaupten, die Finanz und ihre Beschäftigten haben sich wieder einmal bewährt! – Ich hoffe, dass das auch in der Politik anerkannt wird, denn es ist ja nicht das Ergebnis übermäßiger Kapazitäten, sondern von Organisationsvermögen, Disziplin und Einsatz!
Zum Rest an Normalität oder doch die Hoffnung darauf: Nach wirklich langem Ringen um eine Verbesserung der Regeln rund um das Arbeiten von daheim, konnte sich der Hauptpersonalrat mit dem Finanzministerium jetzt auf eine neue Dienstvereinbarung einigen! Damit sollte eine breit angelegte Flexibilisierung des Arbeitens möglich sein. Motivation und Ziel dabei müssen eine weitere Humanisierung des Arbeitens sein, das Arbeiten mehr auf die Menschen zuzuschneiden, und nicht zuletzt die Möglichkeit zu schaffen, Beruf, Familie, Pflege und Freizeit noch besser in Einklang zu bringen. Mit der Umfrage zur Wohnraumarbeit und dem Arbeiten von daheim hat die bfg einen maßgeblichen Beitrag zum Durchbruch in den Verhandlungen geleistet. Unser gewerkschaftlicher Jahreshöhepunkt zweifelsohne! Ansonsten waren auch in der Gewerkschaftsarbeit diese Monate extrem schwierig. Was hatten wir nicht alles geplant, was war nicht alles vergeblich vorbereitet. Und wie waren wir nicht ständig mit Ausnahmesituationen konfrontiert!
Ich danke meinen Mitstreitern in der Landesleitung, den Bezirksleitungen und den Ortsverbänden ganz herzlich für ihr tolles Engagement in dieser schwierigen Zeit! – Und nicht zu vergessen unsere bfg-Jugend, die in der Arbeit mit den Anwärtern und den Bildungseinrichtungen sich ständig neuer Herausforderungen gegenübergestellt sah.
Ein Ausblick? – Ich hoffe und halte es für dringend erforderlich, dass sich unsere Verwaltung im neuen Jahr wieder sehr viel stärker mit ihren ureigensten Aufgaben beschäftigen kann. Gerade angesichts fragwürdiger Unterstützungsleistungen, die den Staat Abermilliarden kosten, muss zum Beispiel auch der Steuervollzug wieder seine Rolle spielen können.
Ja, ich wünsche mir und uns allen natürlich, dass dieser Spuk der Corona-Pandemie bald ein Ende hat! Ich wünsche Ihnen und Ihren Familien ein gesundes und glückliches neues Jahr 2021 und zuvor ein trotz aller widrigen Umstände frohes Weihnachtsfest!