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Freude, Dankbarkeit und der ganz normale Wahnsinn

Die Seite 3 Juli 2021

Große Freude, Dankbarkeit und Erleichterung, das sind die prägenden Gefühle nach den Personalratswahlen am 22. Juni. Große Freude über herausragende Wahlergebnisse für die bfg und ihre Kandidatinnen und Kandidaten auf allen Ebenen und Bereichen des Finanzressorts. Dankbarkeit gegenüber den Wählerinnen und Wählern, die mit Ihren Stimmen unsere Arbeit der vergangenen fünf Jahre honoriert haben und uns zugleich das Vertrauen ausgesprochen

haben, dass wir diesen Einsatz und dieses Engagement für die Beschäftigten auch in der neuen Amtszeit fortsetzen. – Dankbarkeit aber auch gegenüber unseren hunderten Kandidatinnen und Kandidaten für die örtlichen Personalräte, die Gesamtpersonalräte, die Bezirkspersonalräte und den Hauptpersonalrat.

Nach dieser Wahl aber auch eine besondere Erleichterung! Schließlich fanden die Personalratswahlen 2021 unter Pandemiebedingungen statt. Dabei konnte man sich eben wenig auf Erfahrung und Routine verlassen. Der persönliche Kontakt zu den Kolleginnen und Kollegen war seit über einem Jahr stark eingeschränkt, Personalversammlungen beinahe ein Jahr lang faktisch unmöglich. Würde es honoriert werden, dass sich die bfg so intensiv dem Thema Homeoffice und Telearbeit angenommen hat, dass wir uns um hundert Probleme gekümmert hatten, die die Pandemie für die Beschäftigten gebracht hatte? Wie viel von unseren Aktivitäten konnte von den Beschäftigten in diesen Monaten überhaupt wahrgenommen werden? Welche Wirkung würde die weithin erfolgte Anordnung von Briefwahl erzielen? – Und jetzt eben die Erleichterung, dass es geklappt hat. Von den 32.293 Wahlberechtigten für die Wahl des Hauptpersonalrats haben immerhin knapp 74 Prozent von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht! Das ist zwar etwas weniger als zuletzt, aber doch eine sehr breite Basis für die Arbeit der Gewählten.

Nach den Konstituierungen der Personalratsgremien sollte ab 1. August die Gremienarbeit beginnen. Damit diese erfolgreich gelingen kann, bietet die bfg in bewährter Tradition wieder dutzende Personalratsschulungen an. Die erstmals neugewählten Personalratsmitglieder haben aus gutem Grund einen Rechtsanspruch hierauf!

Aber auch hier macht uns die Pandemie zu schaffen! Zwar ist kürzlich die Vorschrift gefallen, die für ein maskenloses Arbeiten mehrerer Personen im gleichen Raum 10 m² p.P. vorgesehen hatte. Jedoch gilt weiterhin der Mindestabstand von 1,5 Metern zwischen zwei Beschäftigten; eine Ausnahme für Geimpfte oder noch so professionell negativ Getestete gibt es weiterhin nicht. Dies führt dazu, dass selbst ein Personalratsgremium, das ausschließlich aus wirksam Geimpften besteht, nicht oder nicht auf üblichem Raum tagen kann. Und es führt dazu, dass Personalratsschulungen nur mit wesentlich weniger Teilnehmerinnen und Teilnehmern durchgeführt werden können, was das Ganze auch wirtschaftlich nahezu unmöglich macht!
Das ist nicht nur unverständlich und ärgerlich, sondern mehr als absurd, weil seit Wochen schon im Privaten ganz andere Regeln gelten. Hier ist es etwa zulässig, eine Hochzeitfeier ohne Abstandsregeln abzuhalten, bei der 150 Personen im Saal sind, wenn davon 100 geimpft sind. Leider nicht die erste Absurdität, die uns die Berliner Politik beschert! Hier bräuchte es dringend eine Anpassung im Bereich des Arbeitsschutzes! – Denn wenn die Situation trotz Impfschutzes so gefährlich sein sollte, dann müssten ja schleunigst für die Privatbereiche und die Gastronomie die Regeln verschärft werden. Tatsächlich aber wurden in den letzten Tagen sogar Einreiseregeln aus Risikogebieten gelockert … und die aberwitzigsten „Impfanreize“ diskutiert.

Ja, die Berliner Politik! Sie will auch entdeckt haben, dass der öffentliche Dienst in der Pandemie nicht so funktioniert hat. Der sogenannte Normenkontrollrat soll deshalb Empfehlungen vorlegen, wie man die Verwaltung verbessern kann. Darüber berichtete kürzlich die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung. Die wichtigsten sollen danach sein: Externe Prüfungen der Verwaltungen, regelmäßige Stresstests, die zeigen sollen, was passiert, wenn eine Behörde 30 Prozent mehr Arbeitsanfall hat, sowie die Einrichtung eines Expertenrats, der sich permanent um die Modernisierung von Staat und Verwaltung kümmert …
Der Vorsitzende des Normenkontrollrats ist übrigens Johannes Ludewig, der im Rahmen einer bunten Karriere zwei Jahre lang auch Bahn-Chef war. Ludewig gegenüber der F.A.S.: „Die Verwaltung ist das zentrale Werkzeug für die Politik. Wenn sie nicht funktioniert, kann man gar nichts gestalten, schon gar nicht wirksam und effizient.“
So, so! Oder ist es vielleicht umgekehrt? Haben wir nicht einen (Bundes-) Gesetzgeber, der alles für umsetzbar hält und damit eine effiziente Verwaltung und Digitalisierungsprofite geradezu verhindert?

Mir jedenfalls fallen genügend Beispiele zur Untermauerung meiner These ein.