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die Seite 3 - März 2014: Hoeneß - einer von Hunderttausenden!

Der aktuelle Kommentar von Gerhard Wipijewski

Im März befasst sich Gerhard Wipijewski mit seinem Kommentar auf der "Seite 3" der bfg-Zeitung mit dem Steuerprozess gegen Uli Hoeneß.

Am 10. März, dem Tag, an dem diese Ausgabe unserer Mitgliederzeitschrift in Druck gegangen ist, hat im Münchner Justizpalast der Prozess gegen Uli Hoeneß wegen Steuerhinterziehung begonnen.
Es gibt vielerlei Besonderheiten in diesem Fall, gerade auch in rechtlicher Hinsicht. Die besondere Bedeutung erwächst dem Ganzen aber aus der Prominenz des Angeklagten. Der Präsident des FC Bayern gehört zweifellos zu den bekanntesten Deutschen und galt vielen Menschen lange Jahre gleichsam als moralische Instanz.
Dazu kommt jedoch die Tatsache, dass der Fall Hoeneß nicht allein steht. Vielmehr spüren die Menschen im Land inzwischen, dass der Fall nur ein weiteres Mosaiksteinchen ist, aus dem sich zunehmend ein Gesamtbild ergibt: das Bild eines deutschen Staates, der hunderttausendfache Steuerhinterziehung zulässt, im Hintergrund unzählige Steueroasen, in denen weltweit Billionen Dollar/Euro versteckt werden. Die Erkenntnisschritte waren neben prominenten Einzelfällen wie Zumwinkel oder zuletzt Schwarzer die Diskussionen um Ankauf und Auswertung von Steuerdaten-CDs, der parteipolitische Streit um Abschluss eines Steuerabkommens mit der Schweiz, das Vieles und Viele anonym und straffrei belassen hätte (auch Hoeneß!), die Beschäftigung der Medien mit den Offshore-Leaks und den Steuerminimierungsmethoden international agierender Konzerne sowie der Vorwurf der „Steueroase Bayern“, nachdem wiederholt die miserable Personalausstattung der bayerischen Finanzämter ins Blickfeld der Öffentlichkeit geraten war.
Ich hoffe, dass der Fall Hoeneß die Einsicht in die Bedeutung des Steuervollzugs weiter stärkt. Dazu beitragen könnten der Prozessverlauf und ein entsprechendes Urteil, das den Bürgern zeigt, dass es hier weder Bonus noch Malus für den Prominenten gibt. Aber auch ein Angeklagter, der nicht nur seine eigene „Torheit“ – und damit sein Schicksal – beklagt, sondern der auch bekennt, dem Staat und der Gesellschaft Schaden zugefügt zu haben.
Aber was ist das für ein Staat, der es ermöglicht hat, dass Hunderttausende ihre Einkünfte vor dem Finanzamt geheim halten konnten? Und was ist das für ein Staat, in dem das Finanzamt nicht ansatzweise in der Lage ist Steuerstraftaten in dieser Vielzahl zu entdecken und zu verfolgen?
Betrachten wir die Situation der Steuerverwaltung in Bayern, so wird schnell klar: in jeder Stelle eines Finanzamts, in der Auffälligkeiten entdeckt oder solchen nachgegangen werden könnte, in der Prüfungen erfolgen und Ermittlungen angestellt werden könnten, überall fehlt es dermaßen an Personal, dass solches eben nicht im erforderlichen Maß geschehen kann. Das gilt für die entsprechenden Bereiche des Innendienstes in gleicher Weise wie für Prüfungsdienste oder die Steuerfahndung. Überall – vom Rechnungshof wiederholt festgestellt – viel zu wenig.
Ich habe das Medieninteresse im Vorfeld des Hoeneß-Prozesses genutzt um immer wieder auf diese Tatsache hinzuweisen. In der Radiosendung auf Bayern 2 „Steuerhinterziehung – vom Volkssport zum Pranger“ am 05.03.2014 wurde die Thematik in außerordentlich seriöser Weise behandelt. Dabei war DSTG-Vorsitzender Thomas Eigenthaler der Gesprächspartner im Studio, ich selbst kam in Einspielungen zu Wort. Sie können diesen Beitrag aus der Reihe „Dossier Politik“ im Internet abrufen. Ich möchte ihn Ihnen empfehlen.

Am 26. März kommt es zur Ersten Lesung des Nachtragshaushalts im Bayerischen Landtag. Dann bietet sich den Abgeordneten wieder die Gelegenheit hier in Bayern etwas gegen die Misere der Steuerverwaltung und damit gegen die massenhafte Steuerhinterziehung zu unternehmen. Mein Appell an die Abgeordneten lautet: Springen Sie Finanzminister Söder bei und packen auf den Entwurf noch weitere Stellen für die Finanzämter d‘rauf, damit der Personalstand nicht noch weiter sinkt! – So werden sich auf Dauer auch all die Zusatzausgaben finanzieren lassen, die dieser Haushalt bringen soll!