
Klartext, Kontinuität und konstruktiver Dialog
Parlamentarischer Abend mit der Fraktion Freie Wähler
Mit großer Freude begrüßte die Landesleitung der bfg die Fraktion der Freie Wähler im Bayerischen Landtag zum Parlamentarischen Abend in der Landesgeschäftsstelle in München. Angeführt wurde die Delegation vom Fraktionsvorsitzenden Florian Streibl sowie dem Vorsitzenden des Ausschusses für den öffentlichen Dienst, Dr. Martin Brunnhuber. Weiter mit dabei waren die Abgeordneten Felix von Zobel und Martin Behringer sowie die Fraktionsgeschäftsführerin Dr. Tasia Walter-Ose mit den Referenten Dirk Wöhling, Marco Rudi und Eric Zuber. Seitens der bfg nahmen neben dem Landesvorsitzden die beiden Bezirksvorsitzenden Birgit Fuchs, Thomas Wagner sowie die stellvertretenden Vorsitzenden Bärbel Wagner, Julia Strehle und David Dietz sowie Landesjugendleiter Stefan Bloch an der Veranstaltung teil.
„Wir sind das Abbild der Verwaltung“
bfg-Landesvorsitzender Gerhard Wipijewski eröffnete den Abend mit einer eindrucksvollen Skizze der bfg als Interessenvertretung von 13.000 Mitgliedern, die in nahezu allen Bereichen der bayerischen Finanzverwaltung tätig sind – von den Finanzämtern über das LfF, LfSt, LDBV und die IT-Bereiche bis zur Schlösserverwaltung und den Spielbanken. Mit dem hohen Organisationsgrad, den Wahlergebnissen bei den Personalratswahlen von um die 90 und einem festen Platz innerhalb der gewerkschaftlichen Dachstrukturen von DSTG, BBB und dbb sei die bfg gut aufgestellt, um die Interessen der Beschäftigten wirkungsvoll vertreten zu können. Dass es in den Reihen der bfg-Führungsgremien auch Freie-Wähler-Aktivisten gebe, zeige die politische Offenheit und Vielfalt der Mitgliedschaft.
Starke Zahlen – klare Erwartungen
In seiner Rede würdigte Landesvorsitzender Gerhard Wipijewski ausdrücklich die Bereitschaft der Freien Wähler, den öffentlichen Dienst auch unter schwierigen Rahmenbedingungen weiterzuentwickeln. Gleichzeitig ließ er keinen Zweifel daran, dass die finanziellen Spielräume des Freistaats durchaus vorhanden seien – wenn man sie denn nutzen wolle.
So seien die Steuereinnahmen im Jahr 2024 um 5,6 % gegenüber dem Vorjahr gestiegen, lägen 20,4 % über dem Niveau von 2019 und sogar 115 % über dem Stand von 2007 – bei einer Preissteigerung von rund 41 % im gleichen Zeitraum. „Die Einnahmen steigen linear – und zwar Jahr für Jahr“, so Wipijewski. Das sei auch ein Verdienst der Kolleginnen und Kollegen in der Steuerverwaltung, deren tägliche Arbeit die Grundlage für einen leistungsfähigen Staat bilde.
Mit Blick auf die Erbschaftsteuer sprach der bfg-Vorsitzende Klartext: „Wenn Menschen aus der Mitte der Gesellschaft mehr Steuerlast tragen als vermögende Erben milliardenschwerer Familienunternehmen, dann läuft etwas grundlegend falsch.“ Zwar wisse man um die unterschiedlichen politischen Auffassungen in dieser Frage, doch es brauche gerechte Freibeträge und gleichzeitig eine ernstzunehmende Besteuerung großer Vermögen. Denn: „Wer Steuergerechtigkeit will, darf sich den schwierigen Fragen nicht entziehen.“
A 13, Dienstrecht und Personalentwicklung
Mit Blick auf die Personalentwicklung im öffentlichen Dienst kritisierte Wipijewski die einseitige Anhebung der Besoldung für Grund- und Mittelschullehrkräfte nach A 13. Dies habe zu einer Unwucht im öffentlichen Dienst geführt – und bei anderen Berufsgruppen zu Frust, Demotivation und dem Gefühl von ungerechter Behandlung – etwa bei hochqualifizierten Prüferinnen und Prüfern oder bei Sachgebietsleitungen, die zusätzlich auch noch Verantwortung für Personal, Ausbildung und Organisation tragen.
„Wenn Leistung, Verantwortung und Qualifikation nicht mehr Grundlage für Beförderung und Entwicklung sind, wird das System unglaubwürdig“, so der Appell an die Freien Wähler. Es brauche schnellere Aufstiegsmöglichkeiten und einen verbindlichen Einstieg in die Führungslaufbahn ab A 14.
Auch das seit über einem Jahrzehnt geltende bayerische Dienstrecht müsse weiterentwickelt werden. Die Anerkennung beruflicher Zusatzqualifikationen, insbesondere bei nebenberuflichen Weiterbildungen, sei bislang zu gering. „Wer Eigeninitiative zeigt, verdient mehr als ein freundliches Nicken!“
Zahlen, Fakten – und die Realität im Alltag
Besonders eindringlich schilderte Wipijewski die Schieflage zwischen Arbeitsvolumen und Personalbestand in der bayerischen Steuerverwaltung. Seit dem Jahr 2012 – dem Zeitpunkt, an dem der Bayerische Oberste Rechnungshof erstmals massive personelle Engpässe in den Finanzämtern öffentlich gemacht hatte – seien die Fallzahlen um bis zu 40 % gestiegen. Gleichzeitig sei der Personalstand de facto sogar leicht zurückgegangen.
Während andere Bereiche der Staatsverwaltung seit 2012 Stellenzuwächse von bis zu 19 % verzeichneten, kämpfe die Steuerverwaltung um jeden einzelnen Arbeitsplatz. „Die Arbeitsbelastung ist vielerorts am Anschlag. Die Kolleginnen und Kollegen arbeiten zuverlässig, aber auch zunehmend am Limit – mit Frust und Auszehrung“, so Wipijewski.
Besonders alarmierend sei in diesem Zusammenhang das im aktuellen Doppelhaushalt angekündigte Stellenmoratorium sowie die geplante Kürzung von bis zu 5.000 Stellen bis 2030. „Wer so plant, blendet die Realität aus“, so der Vorsitzende. „Wir fragen uns: Wie sollen wir unter diesen Bedingungen qualitativ hochwertige Arbeit leisten, geschweige denn unsere Verwaltung zukunftssicher aufstellen?“
Bürokratieabbau – ja, aber bitte nicht blind
Mit Blick auf die am selben Tag veröffentlichten Handlungsempfehlungen der Enquetekommission zum Bürokratieabbau unterstrich Wipijewski die Bedeutung eines effizienten, rechtsstaatlichen und verständlichen Verwaltungsvollzugs. Bürokratieabbau sei ein wichtiges Ziel – doch es brauche Augenmaß, Sachverstand und Praxistauglichkeit.
„Es ist richtig, gesetzliche Vorgaben regelmäßig auf ihre Wirkung und Verhältnismäßigkeit zu überprüfen – aber nicht jede Reglementierung ist automatisch Bürokratie, und nicht jede Vereinfachung führt zu besserem Vollzug“, so Wipijewski.
Er warnte nachdrücklich vor Symbolpolitik, die gut klinge, aber dem Ziel eines fairen und rechtssicheren Verwaltungsvollzugs widerspreche. Die Forderung nach Abschaffung der Bonpflicht sei ein solches Beispiel: „Das wäre ein Schritt in die völlig falsche Richtung. Wir brauchen Chancengleichheit im Wettbewerb, Transparenz und eine verlässliche Nachvollziehbarkeit der Umsätze – gerade im Bargeldbereich. Wer das untergräbt, gefährdet nicht nur Steuergerechtigkeit, sondern das Vertrauen in die Fairness des Systems.“
Digitalisierung – konsequent und praxistauglich
Eindeutige Zustimmung fand das Thema Digitalisierung – allerdings verbunden mit einem klaren Appell an Verbindlichkeit, Konsistenz und Umsetzbarkeit. „Wir unterstützen Digitalisierung mit voller Überzeugung. Aber was wir erleben, ist oft ein Stückwerk – zwischen politischem Aktionismus und verwaltungspraktischer Halbherzigkeit“, kritisierte Wipijewski. Ein besonders plastisches Beispiel sei die Möglichkeit, Grundsteuererklärungen auch auf Papier abzugeben: „Was als bürgerfreundlich gemeint ist, verursacht in der Praxis doppelte Arbeit, vermeidbare Medienbrüche und unnötige Belastung für die Kolleginnen und Kollegen in den Ämtern. “Digitalisierung müsse konsequent gedacht und umgesetzt werden – von der E-Bilanz über digitale Aktenführung, automatisierten Datenaustausch mit Drittsystemen bis hin zu einer einheitlichen elektronischen Kommunikation mit Bürgerinnen und Bürgern.
Beamtenversorgung: Stabilität sichern – Vertrauen schützen
Zum Schluss richtete Wipijewski den Blick auf ein Thema, das für viele Beschäftigte im öffentlichen Dienst mit wachsender Sorge verbunden ist: die anhaltende Diskussion um die Beamtenversorgung. Er dankte den anwesenden Abgeordneten der Freien Wähler ausdrücklich für ihre klare Haltung in dieser Debatte – und für die Bereitschaft, sich gegen populistische Schnellschüsse und systemwidrige Forderungen zu stellen.
„Die Vorschläge, wie sie etwa von Bundesministerin Bas ins Spiel gebracht wurden, führen nicht zu mehr Generationengerechtigkeit – sondern wären der Anfang eines finanziellen und strukturellen Fiaskos“, so Wipijewski. Denn das Berufsbeamtentum sei nicht nur ein historisch gewachsenes Modell, sondern ein tragender Pfeiler unseres demokratischen Gemeinwesens.
Er warnte eindringlich davor, die besondere Stellung des Beamtentums in Frage zu stellen oder seine Grundlagen zu verwässern. Denn ein funktionierender, rechtstreuer, neutraler und leistungsfähiger öffentlicher Dienst sei Grundlage für das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den Staat – und dieses Vertrauen sei heute wertvoller denn je.
Als abschreckendes Beispiel verwies Wipijewski auf die Entwicklungen in den USA unter Donald Trump. Dort habe man gesehen, wohin es führe, wenn demokratische Institutionen geschwächt, Verwaltungsstrukturen politisiert und langjährig gewachsene Prinzipien von Loyalität und Rechtsbindung untergraben würden. „Wir dürfen in Deutschland nie zulassen, dass staatliches Handeln zur bloßen Erfüllungsgehilfin politischer Interessen verkommt“, mahnte der bfg-Vorsitzende.
„Der öffentliche Dienst ist kein Kostenfaktor, sondern eine Investition in Sicherheit, Bildung, Gerechtigkeit und gesellschaftlichen Zusammenhalt.“ Nur mit einer verlässlich ausgestatteten und personell handlungsfähigen Verwaltung lasse sich das Fundament des Sozialstaats, der Rechtsstaatlichkeit und der Demokratie sichern.
„Wir brauchen ein Berufsbeamtentum, das unabhängig, leistungsfähig und attraktiv bleibt – gerade in Zeiten wachsender Verunsicherung“, so Wipijewski. Es sei ein Bollwerk gegen Willkür, Desinformation und Radikalisierung. „Wer an diesem Fundament sägt, riskiert nicht weniger als das Vertrauen in den Staat selbst.“
Klare Worte – konstruktive Antwort
FW-Fraktionsvorsitzender Florian Streibl sichert Unterstützung zu
Für die Fraktion der Freien Wähler ergriff im Anschluss Fraktionsvorsitzender Florian Streibl das Wort. Er bedankte sich für die offene und differenzierte Rede des bfg-Landesvorsitzenden und stellte die langjährige, gute Zusammenarbeit zwischen bfg und Freien Wählern heraus. Seit dem Einzug der FW in den Landtag vor mittlerweile 17 Jahren habe sich ein konstruktiver Dialog auf Augenhöhe etabliert – diesen wolle man mit der auf 37 Abgeordnete angewachsenen Fraktion, darunter 20 neue Mitglieder, fortsetzen und vertiefen.
Besonders hervor hob Streibl die Bedeutung des Ausschusses für den öffentlichen Dienst, dessen Vorsitz die FW mit Dr. Martin Brunnhuber innehaben. Dies sei ein starkes Signal für die Relevanz, die man dem öffentlichen Dienst in der parlamentarischen Arbeit beimesse.
In inhaltlicher Nähe zu Wipijewskis Rede bekräftigte Streibl die besondere Bedeutung der bayerischen Finanzverwaltung für den Freistaat: Auch wenn ihre Arbeit oft nicht im Rampenlicht stehe, sei sie eine tragende Säule staatlichen Handelns – rechtsstaatlich, verantwortungsvoll und dem Gemeinwohl verpflichtet.
„Sie handeln nicht nach Gutdünken, sondern mit Maß, Verlässlichkeit und im Dienst des Staates – das verdient Respekt und Anerkennung“, so Streibl. Der öffentliche Dienst sei damit nicht nur Verwaltungsstruktur, sondern auch ein wichtiger Stabilitätsanker für die Demokratie. In diesem Punkt sicherte er der bfg ausdrücklich Unterstützung zu: „Wir stehen an Ihrer Seite“, auch und gerade bei den Herausforderungen eines zunehmend komplexen und dynamischen Umfelds.
Streibl betonte die Notwendigkeit, die geopolitisch veränderten Rahmenbedingungen ernst zu nehmen – von kriegerischen Konflikten bis hin zu sicherheitspolitischen Herausforderungen. Angesichts steigender Ausgaben etwa für Verteidigung sei es umso wichtiger, Steuermittel zielgerichtet und verantwortungsvoll einzusetzen.
Gleichzeitig ließen sich aus der aktuellen Lage auch Chancen ableiten: Verwaltung müsse nicht abgebaut, sondern klug weiterentwickelt werden. Bürokratie sei nicht per se schlecht, sondern ein Ausdruck rechtsstaatlicher Verfahrenssicherheit und Nachvollziehbarkeit.
Was es in vielen Fragen brauche, sei ein gesamtgesellschaftlicher Blick, der auch anerkenne, dass Einzelfallgerechtigkeit nicht immer erreichbar sei. Streibl warb für einen mutigen Gestaltungsansatz, der politische Verantwortung ernst nehme.
„Auch Bürgerinnen und Bürger müssen Verantwortung übernehmen – Demokratie ist dynamisch, nicht statisch“, so der Fraktionsvorsitzende. Gerade beim Thema Digitalisierung brauche es den Mut, den Staat aktiv weiterzuentwickeln, pragmatisch, aber entschlossen.
Inhaltlich zeigte sich an diesem Abend eine breite Schnittmenge zwischen bfg und Freien Wählern – bei aller Unterschiedlichkeit in Detailfragen. Der Dialog war geprägt von gegenseitigem Respekt, einem klaren Bewusstsein für die Rolle des öffentlichen Dienstes in der Demokratie und einem gemeinsamen Interesse, diesen Dienst zukunftsfest zu machen.
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