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„Le nationalisme, c'est la guerre!“

Seite 3 Mai 2019

Jetzt hatte ich doch meine Seite 3 bereits nahezu fertig gestellt und mit „Verirrungen“ überschrieben. Die Verirrungen, das waren die Sozialismusphantasien des JuSo-Vorsitzenden Kevin Kühnert in einem ZEIT-Interview; Kühnert, der uns allen ja noch in „bester“ Erinnerung ist, wie er die SPD mit dem Thema einer „Bürgerversicherung“ vor sich hergetrieben und damit im Grunde das ganze Land im Ringen um die Bildung einer Großen Koalition in Geiselhaft genommen hatte.

Verirrungen aber auch bei einem weithin unbeachteten ZEIT-Interview vom vergangenen November, in dem der Vorstandsvorsitzende der Allianz-Gruppe, Oliver Bäte, erklärt: „Gerechtigkeit ist für mich ein marxistischer Begriff. Ich weiß nicht, was das ist.“ Skandalös!
Und Verirrung in Person von Andrea Nahles, die vom Handelsblatt (7. Mai) als Unterstützerin der VdK-Forderung nach Einbeziehung von Beamten, Selbständigen und Politikern in die gesetzliche Rente zitiert wird. Eine „Rente für alle“ sei Programm der SPD, so Nahles, und nach der bereits geplanten Einbeziehung der nicht anders abgesicherten Selbstständigen in die Rentenversicherung „fehlen nur noch die Beamten. Wir wollen eine Bürgerrente.“
Das käme der Abschaffung des Berufsbeamtentums gleich!
Diese „Verirrungen“ erschienen mir dann aber doch nicht von der gleichen Bedeutung wie die Europawahl am 26. Mai 2019!
Im vergangenen Herbst durfte ich im Kaisersaal der Benediktinerabtei Ottobeuren einem europapolitischen Symposium beiwohnen, an dem unter anderem Kanzlerin Angela Merkel ihre Vorstellungen von der Zukunft Europas dargelegt hat. Und zwar in einer begeisternden Rede!
Diese Begeisterung für Europa scheint allzu vielen ja etwas abhandengekommen zu sein. Vielleicht, weil wir das Begeisternde inzwischen für selbstverständlich nehmen oder einfach auch vor lauter ach so großen Problemen in Europa nicht mehr wahrnehmen. Vielleicht hat sich mir von dieser Veranstaltung auch deshalb noch mehr als die Rede der Kanzlerin die Erinnerung eines Europaabgeordneten in mein Gedächtnis eingebrannt. Er erinnerte sich und seine Zuhörer daran, wie der Französische Staatspräsident Francois Mitterand auf den letzten Metern seiner Präsidentschaft im Januar 1995 im Europaparlament eine flammende Rede für ein geeintes Europa gehalten hat. Und seine Rede mündete in den Satz: „Le nationalisme, c’est la guerre!“ Francois Mitterand nannte es ein unumstößliches Prinzip, dass Nationalismus am Ende immer zum Krieg führe.
Mitterand, Sozialist, Französischer Staatspräsident von 1981 bis 1995, wusste, wovon er sprach. Als Soldat hatte er gegen Nazi-Deutschland gekämpft, er war in der Résistance, gehörte de Gaulles Exilregierung an und war zwei Mal in deutscher Gefangenschaft. Man könnte sagen: ein harter Hund, kein Weichei. Und doch und gerade deshalb: diese Mahnung!
Wenn wir heute vor der Wahl zum Europaparlament stehen, dann sollten wir uns zumindest das bewusst machen: die Europäische Union bedeutet neben vielem anderen auch und zu allererst Frieden in Europa und darüber hinaus!
Dass das keine Selbstverständlichkeit ist, daran erinnert auch das Jahr 2019: Vor genau 100 Jahren fand der 1. Weltkrieg, die Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts, im Versailler Vertrag seinen Abschluss. Zuvor waren Millionen Menschen in einem irrwitzigen Krieg zugrunde gegangen.
Daran sollten wir denken, wenn wir heute mit einem Erstarken nationalistischer Kräfte in vielen Ländern Europas, aber auch in Deutschland konfrontiert sind. Lassen wir uns von den Nationalisten Europa nicht kaputt machen!
Ich habe den Eindruck allzu viele Menschen glauben, sich mit nationalistischen Parolen abschotten zu können gegen die böse Welt da draußen, gegen die bedrohlich erscheinende Globalisierung mit all ihren Umbrüchen und Veränderungen. Tatsächlich aber ist die Europäische Union ja nicht Triebfeder dieser Veränderungen in der Welt, sondern eine Antwort Europas auf diese Entwicklungen! Ohne eine funktionierende EU wird Europa sehr schnell gleichsam von der Weltkarte verschwinden, politisch wie wirtschaftlich in der Bedeutungslosigkeit versinken. Auch Deutschland. Da sollten wir uns nichts vormachen.
Und wenn uns angesichts der nationalistischen Umtriebe Europa um die Ohren fliegt, wird es auch für uns als Beschäftigte des öffentlichen Dienstes schwierig! Uns wird es immer nur gut gehen, wenn es dem Land gut geht. Und Deutschland wird es nur gut gehen, wenn die Europäische Union funktioniert.
Deshalb bitte ich Sie: Machen Sie von Ihrem Wahlrecht Gebrauch! Gehen Sie zur Europawahl! Verhindern Sie mit Ihrer Stimme, dass der Nationalismus die Europäische Union zerstört!