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Weil es den Menschen braucht!

Seite 3 Juni 2020

Wenn Sie diese Ausgabe der bfg-Zeitung in Ihren Händen halten, haben uns das Corona-Virus und die Maßnahmen gegen seine ungebremste Ausbreitung bereits seit drei Monaten fest im Griff. Zwar werden seit einigen Wochen nach und nach die diversen Beschränkungen im öffentlichen Leben gelockert, an ein „normales“ Leben ist angesichts von Maskenpflicht, Abstandsregelungen und großen Einschränkungen für Veranstaltungen jedoch noch lange nicht zu denken. – Genauso wenig an ein normales Arbeiten, mit allem, was für uns eigentlich dazugehört.

Vor vier Wochen habe ich an dieser Stelle davon geschrieben, wie die Finanzverwaltung die Corona-Krise bis dahin mit Bravour gemeistert hat. Dies bestätigen letztlich auch die Aussagen der drei Präsidenten, die wir für diese Ausgabe interviewt haben.
Dass die Leistungsfähigkeit der Finanzverwaltung trotz zusätzlicher Aufgaben und erschwerter Bedingungen kaum gelitten hat, liegt nicht zuletzt daran, dass mehreren tausend Beschäftigten das Arbeiten von daheim aus ermöglicht wurde! – Aus der Not geboren hat das so gut funktioniert, dass wir die Erfahrungen, Einschätzungen und Erwartungen der Kolleginnen und Kollegen über eine Internet-Umfrage in Erfahrung bringen wollen. Noch bis zum 20. Juni können Sie sich über unsere Homepage an der Umfrage beteiligen – und zwar gleich, ob Sie von daheim aus arbeiten bzw. gearbeitet haben, oder nicht.
Es bedarf keiner allzu großen seherischen Fähigkeiten, um als Ergebnis dieser, wie ich meine, seriösen und sachlichen Umfrage ein Plädoyer für eine Flexibilisierung unserer Arbeit bezogen auf den Vor-Corona-Status zu erwarten. Es würde mich aber auch sehr wundern, wenn bei der entsprechenden Frage nicht auch eine deutliche Sehnsucht nach dem Kontakt zu den Kolleginnen und Kollegen zum Ausdruck käme.
„Weil es den Menschen braucht“, dieses Motto der bfg gilt auch hier!
Wie viele Kolleginnen und Kollegen haben mir in den letzten Wochen nicht bestätigt, dass es Ihnen ähnlich geht wie mir: Es fehlen uns auch und gerade im Arbeitsalltag die menschlichen Kontakte!
Das ist zum einen ganz einfach menschlich, weil wir soziale Wesen sind, es hat aber durchaus auch eine dienstliche Komponente. Wir brauchen auch den Austausch, die Bestätigung, das Einfach-mal-so-fragen-können. Unser Beruf lebt vom Erfahrungsaustausch, in den Finanzämtern ja sogar ganz offiziell getreu dem Motto des Leistungsvergleichs, dem „Lernen vom Anderen“. Auch in der großen Politik sollte es zuallererst um die Menschen gehen. Nimmt man die Summen, die zur Bewältigung der von der Pandemie und den Schutzmaßnahmen ausgelösten Wirtschaftskrise bereitgestellt werden, sind sich Parlamente und Regierungen dieser Maßgabe wohl bewusst. Noch nie wurde auch nur annähernd so viel Geld zur Bewältigung einer Wirtschaftskrise und damit auch zur Verhinderung von Massenarbeitslosigkeit und Verelendung ausgegeben. Seit Wochen konnte einem schon schwindelig werden angesichts der Dimensionen der Hilfsprogramme und Bürgschaften. Mit dem nun von der Berliner Koalition beschlossenen „Konjunktur- und Krisenbewältigungspaket“ wird es mir aber auch unwohl, was den Aufwand für die Steuerverwaltung betrifft!
Nachdem bereits vor einigen Wochen im Corona-Steuerhilfegesetz für die 12 Monate vom 1.7.2020 bis 30.6.2021 Restaurantleistungen dem ermäßigten Steuersatz unterworfen wurden, sollen nun für die sechs Monate vom 1.7.2020 bis 31.12.2020 allgemein stark reduzierte Umsatzsteuersätze von 16 % und 5 % gelten! – Macht Änderungen zu drei Stichtagen, zwei davon während des Jahres! Was für ein Aufwand für die Steuerverwaltung! Es geht hier ja weniger um eine technische Frage (obgleich auch die nicht ohne ist!), sondern um den Aufwand im rechtlichen Vollzug. Welch „Fehleranfälligkeit“ auf der Unternehmerseite! Welch ein Aufwand aber auch da! – Und ob die Entlastung dann auch wirklich beim Endverbraucher landet? Ich habe da meine Zweifel.
Eine – rückwirkende – Corona-Rücklage zur „Nutzbarmachung“ eines erweiterten steuerlichen Verlustrücktrags, ein Kinderbonus, der irgendwie mit dem Kinderfreibetrag verrechnet werden kann, ein mehr als verdoppelter Entlastungsbeitrag für Alleinerziehende, eine Änderung der steuerlichen Forschungszulage – auch das alles deutet auf ganz erhebliche Mehrbelastungen der Steuerverwaltung hin. Ganz zu schweigen vom Optionsmodell für Personengesellschaften, die danach wie juristische Personen besteuert werden können.
Angesichts der bevorstehenden Grundsteuerreform, die in der Steuerverwaltung in den kommenden Jahren ohnehin erhebliches Personal bindet, stellt sich die Frage, wie das alles umgesetzt werden soll! Derzeit befindet sich der Doppelhaushalt 2021/22 in der Aufstellung. Dabei besteht für die Bayerische Staatsregierung die Möglichkeit, diesen Herausforderungen Rechnung zu tragen.
Aus der ehrlichen Erkenntnis heraus, dass es auch hier den Menschen braucht!