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Armes Bayern

Die Seite 3 Januar-Februar 2022

„Die Differenz zwischen der Entwicklung der Besoldung einerseits und der Entwicklung der Tarifeinkommen (1. Parameter), des Nominallohns (2. Parameter) und der Verbraucherpreise (3. Parameter) andererseits sprechen in der Gesamtschau anhand der vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Kriterien für eine angemessene Alimentation.“ Dies ist das Fazit aus einer vielseitigen Entwicklung dieser Parameter in der Begründung des Entwurfs der Bayerischen Staatsregierung für ein Gesetz zur Anpassung der Bezüge 2022. Dabei ist zu sehen, dass in Bayern der Besoldungsindex von 2006 (100) bis 2021 auf 138,13 gestiegen ist, der Tarifindex (TV-L) auf 138,06, der Nominallohnindex auf 139,63 (BY) und der Verbraucherpreisindex Bayern auf 125,37. Mit dieser so nie dagewesenen Herangehensweise versucht die Staatsregierung der massiven Kritik an der Einkommensrunde zu begegnen, als deren Ergebnis beginnend am 1. Oktober 2021 lediglich eine prozentuale Erhöhung zum 1. Dezember 2022 und – unter bestimmten Bedingungen – für die Beschäftigten im aktiven Dienst eine Einmalzahlung von 1.300 € stehen soll.

Damit wächst – gleich, ob man die Nullrunde nun 2022 oder 2023 in den Index einarbeitet – auch der Rückstand auf den Nominallohnindex! Dank und Anerkennung für die enormen Leistungen der Beschäftigten in der Pandemie sehen nicht nur nach meinem Verständnis anders aus! Dass man die Gelegenheit ergreift, die Versorgungsempfänger auch von der Einmalzahlung auszunehmen und ihnen auch keine Kompensation zukommen lässt, passt da nur ins Bild.

Bayern macht sich hier klein, sehr klein, wenn es die Bezahlung seiner Beschäftigten an verfassungsrechtlichen Mindestgrößen festmacht.

Die Prüfung der verfassungsrechtlichen Vorgaben führt die Staatregierung in der Gesetzesbegründung übrigens zu Ende, indem sie auch die „Entwicklung der Abstände zwischen den Bruttogehältern der einzelnen Besoldungsgruppen (4. Parameter)“ für zulässig erklärt und sogar eine „Differenz zur durchschnittlichen Besoldungshöhe von Bund und Ländern (5. Parameter)“ errechnet. – Auch, dass die Umsetzung der beiden Verfassungsgerichtsurteile zum Mindestabstandsgebot noch auf den Freistaat zukommt, lässt die Staatsregierung nicht unerwähnt. Aber gerade dieses Thema macht doch auch deutlich, wie bescheiden es ist (um ein kräftigeres Adjektiv zu vermeiden!), sich als Freistaat Bayern hinter den anderen Bundesländern zu verstecken. Denn gerade bei der Prüfung dieser Frage wird deutlich, dass beispielsweise 90 Prozent der Menschen, die in Gebieten der höchsten Mietpreisstufe VII leben, in Bayern daheim sind. Scrollt man sich im Internet durch entsprechende Übersichten, erkennt man, wie allein schon bei dieser Frage weite Teile Bayerns ganz anders unterwegs sind als große Teile zumindest der nördlichen und östlichen Bundesländer.

Eigentlich sind wir doch stolz darauf, in Bayern auch ganz andere Zahlen präsentieren zu können – auch wenn etwa die Steuereinnahmen seit Jahren nicht mehr veröffentlicht werden, wohl um keine Erwartungen zu schüren …

So wissen aktuell die Wenigsten, dass die von den Finanzämtern vereinnahmten Steuern (soweit sie wenigstens teilweise in Bayern verbleiben, also Gemeinschaft- und Landessteuern) 2021 mit über 121 Mrd. € gegenüber dem Vor-Corona-Jahr 2019 um 6,8 Prozent gestiegen sind! 6,8 Prozent! – Gegenüber dem Jahr 2007 übrigens auf 191,4 Prozent, wobei damals die KFZ-Steuer mit 1,5 Mrd. € noch enthalten war. Sei’s drum. Interessant auch, dass die Lohnsteuereinnahmen der bayerischen Finanzämter 2021 gegenüber 2019 um 2,4 Prozent gestiegen sind, obwohl auch in Bayern Hundertausende – lohnsteuerfreies – Kurzarbeitergeld bezogen haben und der von der Staatsregierung bemühte Nominallohnindex in diesem Zeitraum nur um 1,5 Prozent zugelegt haben soll.

Interessant auch, dass der Umfang des Staatshaushalts (Ist) von 38,38 Mrd. 2006 auf 78,54 Mrd. im Jahr 2019 gestiegen ist und die Personalkostenquote dabei von 43,1 Prozent auf 36,6 Prozent gesunken! Letzteres, obwohl Zehntausende neuer Stellen in den Bereichen Kultus, Wissenschaft und Polizei geschaffen worden sind und aufgrund des demografischen Wandels sich auch die Zahl der Versorgungsempfänger auf einem Rekordstand befindet!

So könnte ich noch lange weitermachen und bräuchte noch nicht einmal unseren Finanzminister mit seinen Klagen über die Inflation oder die zu hohen Erbschaftsteuereinnahmen bemühen. Was vor diesem Hintergrund bleibt, ist eine große Enttäuschung – aber auch die Sorge um die Wettbewerbsfähigkeit unserer Verwaltung.

Denn als Finanz- und IT-Experten sind wir anderswo gefragte Leute.