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Debakel - verhindern!

Seite 3 August-September 2017

Wieder einmal müssen wir erleben, wie eine Diplomprüfung einen allzu großen Teil eines Studienjahrgangs dahinrafft. Wieder einmal erleben wir, wie man den Kopf schüttelt über einzelne Prüfungsaufgaben. Mehr als 20% sind im ersten Anlauf gescheitert, davon nicht wenige, die bis dato mehr als ordentlich durch ihr Studium gekommen waren.

Keine 60 Prozent derer, die drei Jahre zuvor nach einem langwierigen Ausleseprocedere angefangen hatten, sind erfolgreich durchgekommen!
Auch wenn sie seit Kurzem Hochschule für den öffentlichen Dienst in Bayern (HföD) heißt, hat die Beamtenfachhochschule/FHVR doch die Aufgabe, der Verwaltung den Beamtennachwuchs der 3. QE zu liefern. Der Fachbereich Finanzwesen schafft das immer wieder nur unzureichend, jedenfalls was den Studiengang zum Diplom-Finanzwirt betrifft. Beim Studiengang zum Diplom-Verwaltungswirt der Staatsfinanz sieht es auch heuer wieder ganz anders aus.
Damit ist davon auszugehen, dass es heuer in der 3. QE der Steuerverwaltung kaum zu einer Verbesserung der Personalausstattung kommen wird, selbst wenn sich für Viele nach dem „Crash-Kurs“ eine zweite Chance bieten wird! Vor dem Hintergrund der Aufgabenentwicklung und des Personalstands in Finanzämtern und Landesamt ist das schlicht ein Debakel!
Freilich ist das Thema nicht neu. Aber während an externen Hochschulen unter Stichworten wie Bildungsoffensive im vergangenen Jahrzehnt Personal und Mittel erheblich ausgeweitet wurden, hat man das interne Studium vernachlässigt. Gerade so, als sei das ganz etwas anderes und die Finanzämter müssten sich da selbst kümmern …
Seit Jahren fordert die bfg mehr hauptamtliche Dozenten, weil deren Anzahl zur Zahl der Studierenden in einem grotesken Missverhältnis steht. Bei aller Wertschätzung für nebenamtliche Lehre: das passt so nicht mehr. Das können auch die Finanzämter kaum mehr leisten! Es gilt aber auch die Anreize für die Übernahme von Lehraufgaben zu erhöhen. Die Hochschule gehört selbstverständlich zu den Top-Adressen unseres Ressorts. Das muss sich auch im Stellenplan niederschlagen.
Und auch was die Qualität der Prüfungsaufgaben angeht, gibt es vermutlich eine recht einfache Lösung: mehr Geld in die Hand nehmen! So wie es die bekannten privaten Institute auch tun. – Ob uns das gefällt, oder nicht.
Jedoch stellt sich auch die Frage, ob im Bereich des Steuerstudiengangs die Maßstäbe insgesamt passen. Wie kann es sein, dass an freien Hochschulen die Note 2 die Basisbeurteilung darstellt, angeblich 80% der Bachelorabsolventen eine 1 oder eine 2 bekommen, während bei den angehenden Diplom-Finanzwirten die 2 die absolute Spitzennote ist und der Schwerpunkt bei der Notenvergabe sehr viel tiefer liegt? – Sind die Benotungsmaßstäbe zu hoch? Die Prüflinge zu dumm – und das seit Jahrzehnten? Oder die Anforderungen angesichts des komplizierten und ausufernden Steuerrechts zu hoch? – Und wenn das so ist: kann dann eine Eingangsbesoldung in A 9 angemessen sein, ein Anreiz sein für die notwendiger Weise besten Schulabgänger?
Ich denke wir lassen uns auch allzu sehr blenden von den insgesamt großen Teilnehmerzahlen beim LPA-Test! Denn für ein Studium zum Diplom-Finanzwirt brauchen wir nicht nur Interessenten in sehr großer Zahl, wir brauchen sie auch auf sehr hohem Niveau! – Und die schnappt uns die Privatwirtschaft mit verlockenden Verdienstmöglichkeiten allzu oft weg!
Zudem leisten wir uns mit dem sogenannten Strukturierten Interview den Luxus, von den Bestqualifizierten, die zu uns kommen wollen, rund ein Fünftel auszusondern. Dafür fangen dann Bewerber mit entsprechend schlechteren Platzziffern bei uns an…
Nein, hier passt einiges nicht!

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
liebe Leserinnen und Leser,
an dieser Stelle beschäftige ich mich immer wieder auch mit Dingen, die in der „großen Politik“ nicht passen. Ich kritisiere, weil ich Entwicklungen und Positionen für kritikwürdig halte und sie nicht im Einklang mit bfg-Positionen zu bringen sind – der Verzicht auf eine Finanztransaktionssteuer, die ärgerliche Reform der Erbschaftsteuer oder die sogenannte Bürgerversicherung sind drei Beispiele dafür. Bei aller Berechtigung sollte uns diese Kritik in Einzelfragen oder die Warnung vor Entwicklungen nicht den Blick rauben auf das Ganze.
Wir leben in einem außergewöhnlichen Land, das uns neben wirtschaftlichem Auskommen und sozialer Sicherheit auch Freiheit, Demokratie, Pluralismus und die Sicherheit des Rechtstaates bietet. Vieles, was selbst in Europa inzwischen nicht mehr selbstverständlich ist!
Wir sollten uns das erhalten! Lassen wir nicht zu, dass dies wie in Polen, Ungarn, der Türkei oder den USA in Frage gestellt wird, dass Hass in die Politik einzieht und die Gesellschaft zerstört! Wehren wir den Anfängen!
Deshalb: Am 24. September ist Bundestagswahl.
Machen Sie von Ihrem Wahlrecht Gebrauch!