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Fahrten für den Staat

Die Seite 3 April 2022

Gut 5,2 Millionen PKW sind in Deutschland Anfang 2022 als gewerblich angemeldet. Aufgrund des sogenannten Dienstwagenprivilegs ist dieses Thema in Deutschland so bedeutend wie vielleicht nirgends sonst auf der Welt. Allein seit dem Jahr 2012 ist die Zahl der Dienstwagen um gut 900.000 gestiegen. Der Anteil der im öffentlichen Dienst genutzten ...

… Dienst-PKW ist mit einer bundesweiten Anzahl von noch nicht einmal 150.000 Wagen gering; dabei dürfte ein nicht unbeträchtlicher Teil auf die blau-bunten Einsatzwagen der Polizei entfallen.

Wo in der Privatwirtschaft nicht nur klassische Außendienstmitarbeiter einen Dienstkraftwagen zur Verfügung gestellt bekommen, sondern insbesondere auch ein großer Anteil der Führungskräfte, findet das Thema Dienstwagen in der öffentlichen Verwaltung praktisch nicht statt. Man befindet sich dort, wo die Privatwirtschaft in den 1960er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts war. Dass sich in dieser Frage seit damals die Welt verändert hat, scheint am öffentlichen Dienst vorbeigegangen. Dienstwagen (mit Chauffeur) stehen hier zu weniger als einem Dutzend an den Ministerien zur Verfügung, in noch kleinerer Zahl an den Landesämtern. Eine persönliche Zuordnung gibt es allenfalls für die Amtschefs. Auch für die mehr als 2.000 Beschäftigten im Außendienst der Finanzämter gibt es keine Dienst-PKW – von den paar Kleinstwagen, die für die Vollziehungsbeamten an den Dienststellen stehen, und ein paar Kombis an den Steuerfahndungsstellen einmal abgesehen.

So unverständlich das vor dem Hintergrund der Dienstwagen-Privilegierung und der Bedeutung der Autoindustrie für Bayern auch sein mag – für den Staatshaushalt ist es ein Geschäft! Anstatt eine Flotte von Autos zu finanzieren, zu unterhalten und die Benzinkosten zu tragen, erhalten die Beschäftigten eine „Entschädigung“ für jeden Kilomater, den sie zur Erfüllung ihrer dienstlichen Aufgaben für den Staat zurücklegen. Die 35 Cent, die ein Außenprüfer für einen „aus triftigen Gründen“ mit dem PKW für den Staat zurückgelegten Kilometer nach Art. 6 des BayRKG bekommt, waren dabei auch schon vor dem kriegsbedingten Benzinpreisanstieg allenfalls die Hälfte der Gesamtkosten wert, die für einen Wagen der unteren Mittelklasse anfallen. Wer sein Auto ohne einen solchen „triftigen Grund“ nutzt, also etwa, obwohl er auch mit der Bahn fahren könnte, erhält zudem lediglich 25 Cent.

Hier profitiert aber nicht nur der Haushalt! Auch unter Umweltgesichtspunkten ist es sinnvoll, wenn anstatt der Anschaffung und damit der Produktion zusätzlicher PKW, die (privat) vorhandenen genutzt werden – so sie es denn können – und nicht privat ein weiterer PKW angeschafft werden muss.

Aus alledem folgt aber auch, dass der Staat, der hier so deutlich profitiert, als Dienstherr seinen Beschäftigten die Mehrkosten für die Nutzung – ja geradezu die Zurverfügungstellung ihres privaten PKW für dienstliche Zwecke – angemessen und fair erstattet; insbesondere muss das für die Fahrten gelten, die „aus triftigen Gründen“ mit dem Auto unternommen werden müssen. Hier kann der Flächenstaat Bayern auch nicht mit Berlin oder Hamburg verglichen werden.

Die Benzinpreisentwicklung der letzten Wochen gibt allen Grund dafür, die geltenden Sätze zu hinterfragen! Denn der Satz von 35 Cent stammt aus dem Jahr 2008, als die Benzinpreise bis zu einem Euro niedriger gelegen haben als zuletzt. Allein dadurch kommen pro gefahrenen Kilometer aber sehr schnell Mehrkosten von 6 bis 8 Cent zustande! Aber es sind ja nicht nur die Benzinpreise! Auch die Neuwagenpreise sind in den zurückliegenden 14 Jahren ganz erheblich gestiegen; der durchschnittliche Neuwagenpreis, so habe ich recherchiert, von 25.990 Euro auf 36.340 Euro. Das entspricht der Steigerung, die ich „aus dem Bauch heraus“ auch in meinen Gesprächen gegenüber den Vertretern des Finanzministeriums benannt habe. Bei Basismodellen – so es sie damals gab und heute vergleichbar noch gibt – dürfte der Anstieg auch bei etwa 25 Prozent liegen. Wenn eine Außenprüferin oder ein Außenprüfer im Jahr für ihren Dienstherrn 3.000 oder 5.000 Kilometer zurücklegt, dann ist eben auch der Wertverlust eine bedeutende Größe bei der Ermittlung der Mehrkosten!

Dass bei diesem Thema kein Druck aus der Wirtschaft kommt, ist klar. Diese unterhält fünf Millionen Dienstkraftwagen und trägt dafür die Vollkosten. Ihre Beschäftigten, die diese Dienstwagen nutzen, spüren die Benzinpreise überhaupt nicht – in hunderttausenden Fällen wegen der Vollkostenübernahme noch nicht einmal bei den Privatfahrten!

Ich erwarte, dass unser Dienstherr hier seiner Verantwortung gerecht wird!