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Krisenzeit – Die Seite 3 im Dezember 2022

Als Russland am 24. Februar 2022 die Ukraine überfällt und Europa in die womöglich größte Krise seit dem 2. Weltkrieg stürzt, liegen bereits zwei Jahre Pandemie hinter uns. Und die Pandemie geht weiter.

Hatte Corona den Staat in der Bekämpfung von Pandemie und wirtschaftlichen Folgen schon bis an seine Grenzen gebracht, geht es jetzt finanziell noch einmal um ganz neue Dimensionen. Denn die Bevölkerung soll angesichts einer zweistelligen Inflationsrate und horrenden Energiepreisen maximal entlastet werden. Mehrere hundert Milliarden will man dafür bereitstellen.

Endlich ein starker Staat, könnte man verleitet sein zu glauben angesichts der zentralen Rolle, die sich die Politik da verordnet hat. Als Finanzbeamter bin ich allerdings skeptisch. Mir scheint die Gefahr sogar groß, dass die Staatlichkeit angesichts einer gewissen Rundumversorgung gerade großen Schaden nimmt. Denn wie wollen wir nach den Ausgabeorgien der inzwischen drei vergangenen Jahre zu einer Normalität des Steuerzahlens, des Steuereinnehmens und des Steuereintreibens zurückkommen? Wann wird in der Bevölkerung wieder ein Verständnis dafür entstehen, dass auch der Staat Geld erst einmal einnehmen muss, bevor er es ausgeben kann?

Aber wie stark ist ein Staat wirklich, dem es auf allen Ebenen erheblich an Personal fehlt und dessen Vorzeigeunternehmen Deutsche Bahn und Deutsche Post seit Monaten wegen Personalmangels ihre Leistungen nicht mehr richtig erbringen können? Nein, wir haben geradezu eine Krise des Staates – und dass ich heute früh mit vielen anderen Autofahrern Opfer des Treibens sogenannter Klimaaktivisten geworden bin, widerspricht meiner These auch nicht gerade.

Und diese Widersprüche! Den Beschäftigten im öffentlichen Dienst die Temperatur in den Büros auf 19 Grad zurückdrehen, aber an der Förderung von Schneekanonen festhalten, geschweige denn deren Nutzung zu unterbinden – um nur ein ganz aktuelles Beispiel anzuführen…

Aber zurück zum Personalmangel. Die Finanzverwaltung leidet seit mehr als einem Jahrzehnt unter einer massiven Unterbesetzung. Seit der Oberste Rechnungshof 2012 erstmals die Unterbesetzung der Finanzämter angeprangert hatte, ist sie angesichts der stetigen Fallzahlensteigerungen im prosperierenden Bayern nicht kleiner geworden, sondern größer! Stellt man, wie damals der Bayerische Oberste Rechnungshof (ORH), eine Personalbedarfsberechnung nach dem bundeseinheitlichen Muster an, fehlen inzwischen 8.000 Vollzeitkräfte und damit rund 30 Prozent des erforderlichen Personals! Und nachdem es jahrelang unter Rückgriff auf die letzten Plätze der LPA-Liste (Liste des Landespersonalausschusses) gerade noch so gelungen war, die Ausbildungskontingente zu bedienen, startet in diesem Herbst allein die Steuerverwaltung in der Ausbildung zur 2. QE und dem Studium zur 3. QE mit einem Minus von 150 Personen!

Jetzt muss es darum gehen, die Attraktivität der Finanzverwaltung zu steigern! Eine Gelegenheit dazu bietet die Ankündigung der Staatsregierung, im Bereich Grund- und Mittelschullehrer das Eingangsamt A 13 zu schaffen. Es wäre geradezu ein Schlag ins Gesicht unserer Beschäftigten, wenn entsprechende Verbesserungen nicht auch für die Finanzverwaltung auf den Weg gebracht würden! Denn wie keine zweite Verwaltung sind wir der Konkurrenz von Kommunen und Privatwirtschaft ausgesetzt. Unsere Leute sind äußerst begehrte Experten!

Ganz aktuell steht in Bayern die Umsetzung der Karlsruher Rechtsprechung zur amtsangemessenen Alimentation an. Dabei halte ich es für nachvollziehbar, wenn die Staatsregierung angesichts der Krisensituation hier nur das Nötigste tun will. Nur darf sich natürlich auch niemand wundern, wenn Beschäftigte in benachbarte Bundesländer schielen, die bei dieser Gelegenheit strukturelle Verbesserungen in der allgemeinen Beamtenbesoldung vornehmen. – Was jedoch auf völliges Unverständnis stößt, sind Verschlechterungen, die eine Folge der Systemumstellung sind. Und geradezu absurd wird das Ergebnis, wenn Beschäftigte der unteren Besoldungsgruppen (!) in München gegenüber dem heutigen Recht um monatlich 140 € schlechter fahren, wenn sie nach dem 31.12.2022 heiraten. Ich hoffe sehr, dass dem Landtag hier noch etwas einfällt.

Vor einigen Jahren habe ich an dieser Stelle davon geschrieben, dass angesichts der immer gleichen Skandalthemen das Murmeltier zu grüßen scheint und wir deshalb umso mehr „mit Schwung ins neue Jahr“ gehen sollten. Diesen Wunsch halte ich auch heute für passend.

Lassen Sie uns nicht klein beigeben. Lassen Sie uns ganz bewusst Weihnachten feiern, dabei zur Ruhe und Einkehr kommen nach diesem schwierigen Jahr – und dann mit Schwung ins neue Jahr starten!

Alles Gute für Sie!