Bezahlung – Die Seite 3 im März 2023

In den frühen 2000er Jahren wurde im öffentlichen Dienst sehr vieles in Frage gestellt. Das hatte sicherlich mit einem gewissen Konsolidierungsbedarf nach dem Wiedervereinigungsprozess zu tun, wurde aber entscheidend begleitet vom schlechten Zustand der öffentlichen Haushalte.

Der öffentliche Dienst gab kein gutes Bild ab, seine Vertreter agierten hauptsächlich aus der Defensive. In dieser Zeit wurde das Ende des Bundesangestelltentarifvertrags (BAT) besiegelt, der seit 1961 für die Angestellten des Bundes der Länder und der Kommunen gegolten hatte. 2005 wurde er für die Beschäftigten des Bundes und der Kommunen durch den TVöD ersetzt, am 1.11.2006 durch den TV-L für die Beschäftigten der Länder. Wenig später regelten der Bund und die Länder die Zuständigkeiten für die Beamtenschaft neu. Dabei erhielten die Länder auch die Hoheit über die Besoldung ihrer eigenen Beamtenschaft und die der Kommunen. Seither laufen für die Beschäftigten in den Kommunen die Zuständigkeiten auseinander – hier die Tarifbeschäftigten, die nach dem TVöD bezahlt werden, mit dem die Länder nichts zu tun haben, dort die Beamtinnen und Beamten, die dem Recht des jeweiligen Bundeslandes unterliegen und deren Besoldung als wesentlichen Anker die Ergebnisse des TV-L kennt.

Seit den beiden ersten Tarifrunden damals hat es sich eingebürgert, dass die Laufzeiten der beiden Tarifverträge im Wesentlichen um ein Jahr versetzt enden und so über den TVöD in den geraden Jahren, über den TV-L in den ungeraden verhandelt wird. Heuer ist es erstmalig etwas anders. Während von Ende Oktober bis Anfang Dezember die Tarifverhandlungen zum TV-L anberaumt sind, ist derzeit die Tarifrunde zum TVöD in vollem Gange. Dabei erleben wir durch die beteiligten Gewerkschaften mit ver.di und der DBB Tarifunion an der Spitze Warnstreiks in einer Breite, wie wir sie lange nicht gekannt haben. „Völlig unverhältnismäßig!“ hallt es da von verschiedenen Seiten.

Aber mussten die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes in den letzten Jahren nicht erleben, dass ohne massiven Druck nichts geht? Mussten wir im TV-L nicht bitter erleben, wie es der Arbeitgeberseite zu pass kam, dass im Herbst 2021 pandemiebedingt kaum „Arbeitskampfmaßnahmen“ möglich waren? Ja, hat sich der damalige Verhandlungsführer der Länder nicht geradezu lustig gemacht über die damalige Schwäche der Gewerkschaften? – Nein, wir haben allen Grund für gute Tarifabschlüsse zu kämpfen. Jetzt im Rahmen des TVöD und im Herbst beim TV-L. Dabei hat es sich in den vergangenen 16 Jahren gezeigt, dass der TVöD eine wichtige Wegmarke auch für den nachfolgenden TV-L setzt und damit auch für die Besoldungsrunde der Beamtenschaft!

Angesichts des bereits bestehenden Personalmangels, einer besorgniserregenden Entwicklung der Schulabgängerzahlen und der Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt sollte die Steigerung der Attraktivität des öffentlichen Dienstes eigentlich das gemeinsame Ziel aller Beteiligten sein. Und machen wir uns nichts vor: trotz aller Faktoren, die dabei auch eine Rolle spielen, geht es bei dieser Frage natürlich zu allererst um die Bezahlung!

Mit einer geringen Arbeitsbelastung und einer gewissen Entspanntheit, die man dem Arbeiten im öffentlichen Dienst gerne nachsagt, können wir in der bayerischen Finanzverwaltung jedenfalls nicht werben! Dieser Beweis dürfte als geführt gelten! Vielleicht auch deshalb geht es in der Finanzverwaltung um Zweierlei: Nachwuchs in ausreichender Zahl zu gewinnen und das gut ausgebildete Personal auch zu halten! Die Herausforderung Personalabgänge zu verhindern stellt sich im öffentlichen Dienst dabei nirgends so wie in unserer Verwaltung!

Denn nirgends besteht eine vergleichbare Konkurrenz mit der Privatwirtschaft! Damit kommt der Frage, wie die guten Leute in Steuer, Staatsfinanz und IT gehalten werden können, eine besondere Bedeutung zu! So sehr auch vor diesem Hintergrund die jetzt erfolgte Umsetzung der Karlsruher Entscheidungen zur verfassungskonformen Alimentation zu begrüßen ist, verdeutlicht dieses Thema aber doch gerade auch, dass die Grundbezahlung der Beamtenschaft eben nicht ausreichend konkurrenzfähig ist.

Wie viele mögen noch dabei sein von denen, die wie ich 1989 im Beamtenverhältnis auf Probe in der Finanz begonnen haben? 60 Prozent? Weniger? Was für eine Vergeudung von Kapazitäten, die sich der Staat hier leistet, indem er sich den Beschäftigten nicht ausreichend konkurrenzfähig zeigt.

Wie die Privatwirtschaft auf aktuelle Nöte reagiert, zeigt das Beispiel der Ausbildungsvergütung für Steuerfachangestellte: die wird zum 1. August einfach mal um 400 Euro monatlich erhöht!