Schaubild Steuercampus (c) BSS Architektenbüro
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr. Enthaltene Informationen, Regelungen oder Gesetze könnten sich in der Zwischenzeit geändert haben.

12 Jahre nach der Gründung: Das Finanzamt München vollenden!

Angesichts der Höhe seiner Steuereinnahmen, aber auch der in seinem Zuständigkeitsbereich an- sässigen Unternehmen, nimmt das Finanzamt München unter den Finanzämtern in Bayern, ja in ganz Deutschland eine Sonderstellung ein. Mehr als 37 Prozent der Steuereinnahmen, die zuletzt in Bayerischen Finanzämtern vereinnahmt wurden, entfielen auf das Finanzamt München. Und die 3.235 von bayernweit insgesamt etwas mehr als 15.000 besetzbaren Stellen unterstreichen die Bedeutung des Finanzamts München auch in personeller Hinsicht.

Das abrissreife "Hochhaus" in der Deroystraße.

Was sich so groß und bedeutsam anhört und vom heutigen Ministerpräsidenten in seiner Zeit als Finanzminister durchaus auch schon einmal als das größte Finanzamt des Universums bezeichnet wurde, ist bis zum heutigen Tag freilich alles andere als ein einheitliches Gebilde, auch wenn seit 1. August 2017 die bei der Gründung acht Jahre zuvor angestrebte – organisatorische – Zielstruktur als erreicht gilt! Denn das Finanzamt München ist eben nicht nur organisatorisch in sechs Abteilungen eingeteilt und wird von einer weiteren aus geleitet („Zentralabteilung“), es umfasst auch 14 Bearbeitungsstellen, die sich über die nördliche Hälfte Südbayerns verteilen. – Aber selbst im Münchner Stadtgebiet verteilt sich das Finanzamt auf eine große Zahl an Standorten und noch mehr Gebäude. Da ist der Standort Deroystraße, der Komplex in der Winzererstraße, das Carré zwischen Karlstraße, Katharina-von-Bora-Straße und Sophienstraße, die Prinz-Ludwig- Straße und einiges mehr.

2009: Aus sieben mach eins!
Das rührt ein Stück weit von der Vergangenheit der Steuerverwaltung in München. Als Mitte der 2000er-Jahre die Diskussion um die Gründung eines einheitlichen Finanzamts München geführt wurde, gab es deren sieben in München. Neben fünf „Veranlagungsämtern“ (München I bis V) noch das Finanzamt München für Körperschaften und das Zentralfinanzamt. – Letzteres war wenige Jahre zuvor im Alten Hof, der ersten Wittelsbacher-Residenz, sogar noch so zentral untergebracht, dass sich dort heute teure Läden und Praxen präsentieren und sich Sportprominenz aus aller Welt zur medizinischen Behandlung einfindet!
Diese rechtliche und organisatorische Zusammenführung war selbst im Ministerium sehr umstritten. Entschieden wurde die Frage schließlich vom damaligen Finanzminister Georg Fahrenschon. Er hatte sich davon überzeugen lassen, ein einheitliches Finanzamt könne schneller, flexibler und damit effizienter auf die Herausforderungen des Standorts München reagieren. – Die bfg hatte im Vorfeld die Zusammenlegung der Betriebsprüfungsstellen der verschiedenen Finanzämter und der Konzern-Betriebsprüfung begrüßt, darüber hinaus aber für die Beibehaltung der selbständigen Ämter plädiert. Vor allem aber war die Forderung der bfg: Lasst uns durch eine Neubebauung des Areals Deroystraße erst die räumlichen Voraussetzungen für ein einheitliches Finanzamt schaffen, für ein Finanzamt München unter einem Dach!

Nun, es kam anders. Anders etwa als in Wien, wo man damals zur gleichen Zeit vor der Vereinheitlichung der Verwaltung erst ein zentrales Gebäude geschaffen hatte, kam es in München zum 1. August 2009 zur Gründung des Finanzamts München, untergebracht eben in der ganzen Stadt und darüber hinaus.

Fahrenschon verspricht Neubauten
Mit der Entscheidung für die organisatorische Zusammenführung versprach Finanzminister Fahrenschon im Frühjahr 2009 freilich auch eine weitergehende Bebauung an der Deroystraße. Gedanken hierzu hatte es schon unter seinem Vor-Vorgänger Kurt Faltlhauser gegeben, konkret in der Vision eines „Tax-Tower“ … Und Ende 2007 bereits war ein städtebaulicher Wettbewerb zur Neubebauung des Areals an der Deroystraße ausgeschrieben worden.

2010 gab es dann erst einmal politische Querschüsse, die Wirtschaftlichkeit von Neubaumaßnahmen sollte erst einmal geprüft werden. Ein gutes Jahr später waren es dann Brandschutzmängel und eine Asbestbelastung des “Hochhauses”, die den Gegnern eines Neubaus an der Deroystraße in die Hände zu spielen schienen. – Mit großem politischem Druck wurde versucht, anstatt eines Neubaus Anmietungen für 1.200 Beschäftigte zu beschließen; mittendrin: Alfred Sauter, als was auch immer. Im Herbst 2011 kam es allerdings auch zu einem Wechsel im Finanzministerium …

Söder setzt Neubau durch
Der neue Hausherr hieß Markus Söder, und als solcher legte er sich im September 2012 schließlich auf einen Neubau fest – gestützt auf ein Gutachten der Immobilien Freistaat Bayern. Die Imby war nach Sichtung von mehreren Dutzend Mietangeboten und Wirtschaftlichkeitsberechnungen bezogen auf vier konkrete Mietangebote sowie den Neubau zweier Gebäude auf dem bestehenden Areal an der Deroystraße wiederum zu dem Ergebnis gekommen, dass die Neubauvariante deutlich wirtschaftlicher ist. Es dauerte dann sechs weitere Jahre, bis im September 2018 der erste Neubau auf dem inzwischen “Steuercampus München” genannten Areal eingeweiht werden konnte. Der Finanzminister hieß inzwischen Albert Füracker.
Entsprechend dem Siegerentwurf sollen inklusive Servicezentrum noch fünf weitere Gebäude folgen …

Füracker verteidigt Bauabschnitt II
Aktuell wird der Abriss des wegen der Asbestbelastung seit 2018 leerstehenden „Hochhauses“ vorbereitet. Dieser soll dann gegen Ende des Jahres 2021 auch sichtbar erfolgen. Dann soll mit dem Neubau begonnen werden, der sich äußerlich am 2018 fertiggestellten Gebäude orientiert. Dieser zweite Neubau soll 560 Arbeitsplätze umfassen und die Finanzamtsleitung (Zentralabteilung), die Abteilung VI sowie einen Teil der Abteilung III mit aufnehmen. Entstehen soll dabei auch ein 400 m² großer Multifunktionsbereich sowie eine Kindertagesstätte mit 100 Plätzen. In fünf Jahren sollte es so weit sein …

Vor wenigen Monaten rechtfertigte Finanzminister Albert Füracker die weiteren Maßnahmen gegenüber dem Haushaltsausschuss des Bayerischen Landtags. Er nannte den zweiten Bauabschnitt einen Meilenstein, um die Bereiche des Finanzamts München nach und nach am Steuercampus zusammenzuführen. Er stellte auch klar, dass die Büroflächen auf jeden Fall gebraucht würden und wies darauf hin, dass über diesen Bauabschnitt hinaus weiterer Bedarf bestehe, insbesondere für die Unterbringung der Prüfungsdienste, der Lohn- und Umsatzsteuerstelle, der Steuerfahndung und der Bußgeld- und Strafsachenstelle.

Verlagerung von 300 Arbeitsplätzen nach Schweinfurt geplant
Kritische Nachfragen waren insbesondere aufgekommen, weil Ministerpräsident Söder im Januar 2020 die Verlagerung weiterer 300 Arbeitsplätze nach Schweinfurt angekündigt hatte und die Planungen dafür bereits angelaufen sind. Die bfg hat sich mit diesem Thema auch in der Ausgabe 11/2020 der bfg-Zeitung beschäftigt und dabei deutlich gemacht, dass man angesichts der Verwaltungsstrukturen eine andere Lösung für zweckmäßiger erachtet hätte. Die bfg hat dabei, wie auch bei diversen Gesprächen mit der Verwaltung, im Sinne der Beschäftigten eine Verlagerung in mehreren Stufen angeregt.

Für das Finanzamt München und seine Beschäftigten muss es jetzt darum gehen, nach einem Jahrzehnt der Umorganisationen endlich zur Ruhe zu kommen! Hätte man früher von einer weiteren Verlagerung gewusst, manches hätte sich in den letzten Jahren anders gestalten lassen.

Versprechen einlösen: Steuercampus München!
Mit der Zusammenlegung der sieben Finanzämter vor 12 Jahren war das Versprechen einhergegangen, das Finanzamt an der Deroystraße zusammenzuführen. Es gilt konsequent weiter an der Umsetzung dieses Versprechens zu arbeiten. Der Abriss des alten „Hochhauses“ und der zweite Neubau sind die nächsten Schritte. Entsprechend der Planung sollten diese ohne Verzögerung folgen!

Zur Vollendung des Finanzamts München gehört freilich noch einiges mehr. Man denke nur an die täglichen Herausforderungen mit der Postverteilung, den verschiedenen Finanzamtsnummern und der abteilungs- übergreifenden Zusammenarbeit. Die Münchner Kolleginnen und Kollegen machen jedoch von Anfang an einen klasse Job. Wo wäre man ohne das tolle Engagement so Vieler in diesem ersten Jahrzehnt!
Eine, die ganz vorn mit dabei war, geht zum 1. August 2021 in den Ruhestand. Conny Perl hat dann von Anfang an – und damit mehr als elf Jahre – den Gesamtpersonalrat geführt!

Organisation Finanzamt München

Organisationsplan des Finanzamts und seine PR-Struktur
Wie vielfältig die Organisationsstruktur des Finanzamts München und damit auch die Personalratslandschaft für die Vertretung der rund 3.500 Beschäftigten ist, zeigt die Übersicht. Dabei ist auch zu erkennen, dass sich die Beschäftigten der Bearbeitungsstellen, die zu den Abteilungen II und III gehören, personalvertretungsrechtlich verselbständigt haben (Art. 6 Abs. 3 BayPVG) und jeweils einen eigenen örtlichen Personalrat wählen. Anders bei den Bearbeitungsstellen der Abteilung VI. Hier wird ein örtlicher Personalrat für die gesamte Abteilung gewählt.