ORH muss sich wieder der Personalausstattung der Steuerverwaltung annehmen!

Die Bayerische Finanzgewerkschaft zum Jahresbericht des Obersten Rechnungshofs

Die Bayerische Finanzgewerkschaft sieht im Bayerischen Obersten Rechnungshof seit Jahrzehnten einen wichtigen Partner in der Sorge um eine solide Haushaltspolitik und bei der Fortentwicklung einer modernen Finanzverwaltung. Angesichts der vom ORH im diesjährigen Jahresbericht angeprangerten Vollzugsdefizite bei der Besteuerung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücksveräußerungen, beim Bezug von Kurzarbeitergeld und der Besteuerung von Aufsichtsratsvergütungen gilt es aber auf die eklatante Unterbesetzung der bayerischen Steuerverwaltung hinzuweisen!

Der Vorsitzende der bfg, Gerhard Wipijewski, hierzu heute in München: „Vor einem Jahrzehnt hatte sich der Bayerische Oberste Rechnungshof in seinen Jahresberichten mehrfach mit der schlechten Personalausstattung der Finanzämter beschäftigt und Verbesserungen gefordert! Trotz diverser Anstrengungen seitens der Staatsregierung hat sich die Situation seither aber noch verschärft. So hat sich allein die Zahl der zu bearbeitenden Steuererklärungen seither um rund 30 Prozent erhöht, von der epochalen Herausforderung der Grundsteuerreform ganz zu schweigen! Deshalb ist es an der Zeit, dass der ORH die Aufgaben- und Personalsituation der Steuerverwaltung vor dem Hintergrund seiner in Jahresberichten 2012 bis 2014 erhobenen Forderungen erneut überprüft!“

Nach Überzeugung der Bayerischen Finanzgewerkschaft ist die Steuerverwaltung in Bayern längst an der Grenze der Belastbarkeit angekommen. Nimmt man, wie 2012 der ORH eine Berechnung des Personalbedarfs nach bundeseinheitlichem Muster vor, ergibt sich in den Finanzämtern bei einem Personalstand von rund 15.500 (in Vollzeitäquivalenten) ein Fehlbestand von mehreren tausend Vollzeitbeschäftigten.

Aber auch im Vergleich mit den anderen Bundesländern schneidet Bayern bei der Personalausstattung schlecht ab. So lag Bayern bei der Personalausstattung seiner Steuerverwaltung im Ländervergleich 2020 beim entscheidenden Maßstab auf dem vorletzten Platz, wenn man nämlich das vorhandene Personal ins Verhältnis zur anfallenden Arbeit setzt, also zur Zahl der Steuerfälle (Siehe Erläuterung unten).

Dabei machen der Steuerverwaltung in Bayern neben dem Mangel an Nachwuchskräften insbesondere auch die traditionell starke Abwanderung von Steuerexperten in die Privatwirtschaft, die Kommunen und andere staatliche Stellen zu schaffen. Die Bayerische Finanzgewerkschaft hält deshalb die Stärkung der Attraktivität der Steuerverwaltung für dringend erforderlich.

Wie angespannt sich die Personalsituation darstellt, hat auch der ORH in seiner Beurteilung des Vollzugsdefizits bei der Besteuerung des Kurzarbeitergeldes zum Ausdruck gebracht. Er schreibt in seiner Würdigung: „Die derzeit geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen stellen die Steuerverwaltung vor eine enorme Herausforderung. Eine reguläre Abarbeitung aller zusätzlichen Pflichtveranlagungen ist aus Sicht des ORH mit den vorhandenen Ressourcen nicht möglich.“ – Dabei wäre es dabei „nur“ einen Bedarf von 297 Vollzeitkräften gegangen. – Aber das ist beinahe so viel, wie die Finanzämter zur Bearbeitung der mehr als 6 Millionen Grundsteuererklärungen bekommen haben …

Erläuterung: Antwort der Bayerischen Staatsregierung vom 29.12.2021 auf eine schriftliche Anfrage des Abgeordneten Arif Tasdelen vom 8.12.2021 die Personalausstattung der bayerischen Steuerverwaltung betreffend.