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bfg vor Verfassungsgericht

Klagen gegen das Lobbyregistergesetz

Die Bayerische Finanzgewerkschaft hat sich – wie 29 andere Mitgliedsverbände des Bayerischen Beamtenbunds BBB – mit einer Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht, einer Popularklage vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof und einer Feststellungsklage beim Verwaltungsgericht München gegen das Bayerische Lobbyregistergesetz (BayLobbyRG) gewandt. Die bfg sieht sich in ihren durch die Verfassung in Art. 9 Abs. 3 des Grundgesetzes garantierten Rechten als Koalition verletzt und moniert eine Ungleichbehandlung unter anderem zu Tarifparteien, Kirchen und politischen Parteien. Vertreten wird die bfg dabei vom Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Heinrich Amadeus Wolff von der Universität Bayreuth.

Im Zuge der sogenannten Maskenaffäre um mehrere Unionsabgeordnete in Bund und Land sowie um die Tochter des früheren bayerischen Finanzministers Tandler, die angeblich für die Vermittlung von Schutzmasken an die Bayerische Staatsregierung einen hohen zweistelligen Millionenbetrag erhalten haben soll, war in den Regierungsparteien im Bayerischen Landtag die Idee forciert worden, auch in Bayern ein sogenanntes Lobbyregistergesetz zu schaffen. Im Bund und einigen anderen Bundesländern bestehen vergleichbare Regelungen schon länger.
So wurde Anfang Juli 2021 das Bayerische Lobbyregistergesetz durch den Bayerischen Landtag verabschiedet – als eines der wenigen Gesetze eingebracht nicht von der Staatsregierung, sondern von den Fraktionen von CSU und Freien Wählern. Das Ganze geschah im Grunde, ohne dass die Öffentlichkeit davon Notiz genommen hatte. Eine Verbändeanhörung hatte nicht stattgefunden!

Um was geht es dabei?
Kurz gesagt: Seit 1. Januar 2022 muss jeder, der in irgendeiner Weise gegenüber dem Landtag oder der Staatregierung Interessenvertretung betreiben will, sich in ein beim Landtag geführtes öffentliches Register eintragen lassen. Die Eintragungen in diesem Register sind jährlich vor Jahresende zu aktualisieren. Anzugeben sind umfangreiche Daten in 12 Kategorien bis hin zur Mitgliederzahl und den Jahresabschlüssen. Dieses Register ist in allen Details über die Landtags-Homepage öffentlich einsehbar und ausdruckbar. Bei Gesetzesvorhaben werden sämtliche Stellungnahmen, Gutachten, Diskussions- und Positionspapiere, die von den registrierten Interessenvertretern eingegangen sind, zusammen mit dem Gesetzesvorhaben im Internet veröffentlicht.

Ausgenommen von der Registerpflicht sind unter anderem

- Bürger, die sich in persönlichen Angelegenheiten mit einer Petition an den Landtag wenden,

- Religionsgemeinschaften, soweit religiöse und weltanschauliche Belange betroffen sind

- Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretungen, soweit sie ihre Funktion als Tarifpartner wahrnehmen (also z.B., wenn sich der DBB in der Tarifrunde an den Finanzminister wendet

- die Spitzenverbände nach Art. 16 BayBG (also BBB, DGB und Bayerischer Richterverein; nicht aber deren Mitgliedsverbände!)

- die kommunalen Spitzenverbände

- politische Stiftungen und Parteien

Gewerkschaften im Bund ausgenommen
Anders, als im Bund und anderen Länderregelungen, wo die Gewerkschaften allgemein ausgenommen sind, soweit sie Einfluss auf Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen nehmen, ist dies in Bayern nicht der Fall. In Bayern sind die Gewerkschaften und Verbände freilich noch nicht einmal von der Registerpflicht ausgenommen, soweit sie sich um die Belange der Beamtinnen und Beamten in Bayern kümmern und damit ja die Beschäftigten des Staates gegenüber Staatsregierung und Landtag vertreten, also gewissermaßen ja deren Beschäftigte! Man sollte meinen, dass zumindest das doch anders beurteilt werden sollte als die Vertretungen irgendwelcher Interessen von Firmen und Verbänden der unterschiedlichsten Art.

Registrieren oder keinerlei Kontakt!
So, wie das Gesetz in Kraft getreten ist, bedeutet das, dass sich seit dem 1. Januar nur noch an Minister, Abgeordnete, Fraktionen des Bayerischen Landtags etc. wenden kann (und zwar auch mündlich!), wer sich in das öffentliche Register einträgt und dabei wesentliche Informationen über Mitglieder und Finanzen öffentlich macht. Oder anders formuliert: Als bfg können wir danach nur mit dem Finanzminister als dem Dienstherrn unserer Mitglieder in Kontakt treten, wenn wir ihm unsere Mitgliederzahl und unseren Jahresabschluss zur Kenntnis geben! Von keinem Tarifpartner könnte man Ähnliches verlangen!

Zum Gespräch mit dem Minister den Jahresabschluss vorlegen?
Wir sind der Ansicht, dass hier eine verfassungswidrige Schieflage in der Auseinandersetzung mit dem Dienstherrn und dem für das Beamtenrecht zuständigen Gesetzgeber entsteht. Wir vertreten auch die Auffassung, dass es eine nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung darstellt, wenn demgegenüber beispielsweise Kirchen, politische Parteien und Stiftungen weitestgehend und Tarifparteien zumindest in ihrer Funktion als Tarifpartner von der Registerpflicht ausgenommen sind.

Wir wehren uns damit aber auch gegen eine Gleichstellung mit allen möglichen Interessenverbänden aus der Wirtschaft, die zu Staatsregierung und Landtag in einem völlig anderen Verhältnis stehen als eine Koalition nach Art. 9 Abs. 3 GG, die verbeamtete Beschäftigte gegenüber Dienstherr und Beamtengesetzgeber zu vertreten hat.
Die Geschäftsbeziehung zwischen einem Rechtsanwalt und seinem Mandanten bleibt von dem Gesetz übrigens unberührt, auch wenn der Rechtsanwalt im Hauptberuf Abgeordneter ist.