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„Man muss zufrieden sein ...“

Seite 3 Dezember 2016

„Man muss zufrieden sein …“ – Wer hätte nicht schon ältere Menschen so oder so ähnlich ihre persönliche Situation beschreiben gehört. Nun zähle ich mich trotz meines runden Geburtstags, den ich kürzlich feiern durfte, noch nicht zu dieser Altersklasse und als Gewerkschafter habe ich es mir sowieso zur Aufgabe gemacht, ständig nach Verbesserungen für unsere Mitglieder und unsere Verwaltung zu streben. Und dennoch: Am Ende dieses Jahres kommt mir gerade dieser Satz in den Sinn, der ja nicht selten mit einem Seufzer verbunden ist und auf die Rahmenbedingungen verweist, angesichts derer man glaubt nicht unzufrieden sein zu dürfen.

Unsere Rahmenbedingungen schienen zu Beginn des Jahres ja keine einfachen: Vor dem Hintergrund des Stroms an Zuwanderern und Flüchtlingen und der daraus erwachsenden Milliardenbelastungen allein für Bayern war durchaus nicht auszuschließen, dass die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes zu den Leidtragenden dieser Entwicklungen gehören könnten. Und die Gefahr des islamistischen Terrors schien zwar ein Plädoyer für einen starken Staat zu sein – aber was bleibt für uns übrig, wenn jetzt auch noch die Sicherheitskräfte große Haushaltsmittel binden?
Es ist zum Glück einiges anders gekommen. Zum einen ist der Strom an Zuwanderern und Flüchtlingen kleiner geworden, nachdem die Balkanstaaten ihre Grenzen geschlossen haben. Zum anderen aber haben Staatsregierung und Landtag die Nöte der Finanzverwaltung anerkannt und im Doppelhaushalt 2017/2018, der nach Drucklegung dieser Ausgabe verabschiedet wurde, wichtige Maßnahmen zur Verbesserung der Situation in unserer Verwaltung ergriffen. Ich denke hier vor allem an die mehr als 900 Anwärterstellen, die uns in die Lage versetzen, so viele Nachwuchskräfte in der 2. und 3. Qualifizierungsebene auszubilden, wie nur irgend geht, und damit die Altersabgänge zu ersetzen und den Personalstand mittelfristig zu verbessern. Ich denke aber auch an die zusätzlichen Stellen in verschiedenen Bereichen der IT, die zusätzlichen Beförderungsmöglichkeiten, die ein neuerlicher Artikel 6i im Haushaltsgesetz bringen wird, und einiges mehr.
Für diese Maßnahmen danke ich unserem Minister Dr. Söder, dem Vorsitzenden des Haushaltsausschusses,
Peter Winter, der Vorsitzenden des Ausschusses für Fragen des öffentlichen Dienstes, Ingrid Heckner, und den Unterstützern in allen Fraktionen ganz herzlich! Beim Empfang „200 Jahre bfg“ war es Staatsminister Dr. Söder selbst, der darauf hingewiesen hat, wie er in diesen Fragen angesichts des hohen Ansehens der Finanzverwaltung die Unterstützung Vieler im Landtag erfahre.
Und dennoch besteht kein Anlass für Jubel! Zu sehr plagen die Beschäftigten immer weiter steigende Fallzahlen und die Unzulänglichkeiten unserer Bearbeitungssysteme. Ohne jede Übertreibung gilt der Satz, dass die Arbeitsbelastung nie so hoch war wie heute! – Also wahrlich kein Grund für eine „Zufriedenheit“, die keinen Bedarf für Verbesserungen mehr sieht!
Keinen Grund für Zufriedenheit gibt es freilich auch angesichts der Entwicklungen um uns herum. Die Themen Zuwanderung und Terror wurden in den vergangenen Monaten zunehmend in den Hintergrund gedrängt von einem Populismus, der weltweit in die Politik Einzug gehalten hat und Gesellschaften verändert. Von den Protagonisten werden die bestehenden Verhältnisse dabei vehement kritisiert, Hass geschürt, Menschenverachtung vorgelebt, politische Gegner beschimpft, der Lüge bezichtigt und kriminalisiert – und den Bürgern das Blaue vom Himmel versprochen, an jeder Realität vorbei. Vom „postfaktischen Zeitalter“ ist vor diesem Hintergrund schon die Rede. Dass das nicht zu einem rechtstaatlichen Verwaltungshandeln passt, steht für mich außer Frage. Genauso übrigens jede Sympathie für die sogenannte Reichsbürgerbewegung, die aus welchen Beweggründen auch immer unseren Staat und damit natürlich auch seine Verwaltung ablehnt.
Am 8. Dezember vor 70 Jahren ist die Bayerische Verfassung in Kraft getreten. Es gibt allen Grund, ihre Werte wieder stärker ins Bewusstsein zu rufen. Aber noch dringender scheint mir, daran zu erinnern, dass sie aus den Ruinen des Nationalsozialismus entstanden ist, der auf Propaganda, Hass und Menschenverachtung aufgebaut war.
So, das musste heuer noch gesagt werden.
Jetzt aber wünsche ich Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Leserinnen und Leser, ein frohes Weihnachtsfest, erholsame Tage zum Jahresausklang und einen guten Start in ein gesundes und glückliches neues Jahr 2017!